Täter sind meistens die Eltern Immer mehr Kinder in Deutschland sind gefährdet
06.09.2024, 11:13 Uhr Artikel anhören
Fast 64.000 Fälle von Kindeswohlgefährdung gab es im vergangenen Jahr.
(Foto: picture alliance/dpa)
Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt: Jahr für Jahr gibt es in Deutschland mehr Fälle von Kindeswohlgefährdung. Auch 2023 setzte sich der Trend fort. Häufig sind die eigene Mutter oder der eigene Vater schuld.
Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen hat in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht. Im vergangenen Jahr stiegen die registrierten Fälle einer Gefährdung durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt im Vergleich zum Vorjahr um mindestens zwei Prozent beziehungsweise 1400 Fälle auf insgesamt 63.700 Fälle, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.
Allerdings fehlen Daten aus zahlreichen Jugendämtern. Schätzungen gehen von einem tatsächlichen Anstieg um bis zu acht Prozent beziehungsweise 5000 Fälle auf insgesamt 67.300 Fälle aus. Die betroffenen Kinder waren im Schnitt acht Jahre alt. In knapp drei Vierteln der Fälle ging die Gefährdung hauptsächlich von der eigenen Mutter oder dem eigenen Vater aus.
Langfristiger Anstieg setzt sich fort
Der langfristige Anstieg der Zahl der erfassten Kindeswohlgefährdungen setzte sich damit weiter fort. Gründe dafür können der Statistikbehörde zufolge neben einer tatsächlichen Zunahme der Gefährdungsfälle auch eine höhere Sensibilität und Anzeigebereitschaft der Öffentlichkeit und Behörden beim Kinderschutz sein.
Die meisten betroffenen Minderjährigen wuchsen bei alleinerziehenden Elternteilen (39 Prozent) oder beiden Eltern gemeinsam (38 Prozent) auf. 13 Prozent der Kinder lebten bei einem Elternteil in neuer Partnerschaft und zehn Prozent in einem Heim, bei Verwandten oder in einer anderen Konstellation.
In den meisten Fällen von Kindeswohlgefährdung hatten die Behörden Anzeichen von Vernachlässigung festgestellt (58 Prozent). Bei 36 Prozent gab es Hinweise auf psychische Misshandlungen. In 27 Prozent der Fälle wurden Indizien für körperliche Misshandlungen und in sechs Prozent für sexuelle Gewalt gefunden. Den Jugendämtern zufolge hatte fast ein Viertel der Kinder mehrere dieser Übergriffe gleichzeitig erlebt.
Die meisten Meldungen kommen von Polizei und Justiz
Insgesamt gingen die Jugendämter im vergangenen Jahr rund 211.700 Hinweisen zu einer möglichen Kindeswohlgefährdung nach. Auch hier liegt die tatsächliche Zahl wegen der noch fehlenden Daten höher. In fast jedem dritten Fall (30 Prozent) bestätigte sich der Hinweis.
Die meisten Meldungen an die Jugendämter kamen von Polizei und Justiz (31 Prozent). Etwas seltener gab es Hinweise von Verwandten, Bekannten, aus der Nachbarschaft oder anonym (22 Prozent). Es folgen Hinweise aus der Kinder- und Jugend- oder Erziehungshilfe (13 Prozent) und Meldungen aus den Schulen an die Jugendämter (zwölf Prozent). Etwa ein weiteres Zehntel der Hinweise stammte aus den Familien selbst, also von den betroffenen Minderjährigen (zwei Prozent) oder ihren Eltern (sieben Prozent).
Die zuverlässigsten Hinweisgeber waren dabei die Betroffenen selbst: Bei Selbstmeldungen von Kindern und Jugendlichen bestätigten sich die Hinweise in 60 Prozent der Fälle, doppelt so häufig wie im Durchschnitt.
Quelle: ntv.de, toh/AFP/rts