Public Viewing im Regen Kein Sommerwetter in Sicht - Unwetter schon
15.06.2016, 15:56 Uhr
(Foto: dpa)
Statt mit einem Eis in der Hand in der Sonne zu spazieren, laufen in großen Teilen Deutschlands die Keller voll. Gewitter mit Starkregen haben vor allem Süddeutschland fest im Griff. Für die nächsten Tage sieht n-tv Meteorologe Björn Alexander keine Besserung. Somit sollten sich begeisterte Fußballfans lieber einen überdachten Ort für die Live-Übertragung suchen.
n-tv.de: Irgendwie hat man das Gefühl, das Wetter hat sich fest gefahren. Immer wieder Unwettermeldungen, Tornados, vollgelaufene Keller und Überflutungen. Björn, wann wird’s endlich mal besser?
Björn Alexander: Das ist momentan leider nur schwer zu sagen. Kurzfristig auf jeden Fall nicht. Denn von Donnerstag auf Freitag intensiviert sich die Unwettergefahr leider nochmals, wenn uns ein Tief von Südwest nach Nordost überquert. Das Wochenende und auch der Start in die nächste Woche dürften dann ruhiger werden. Und auch längere freundliche und trockene Phasen sind dann vor allem im Norden und zum Teil auch in der Landesmitte drin. Danach deutet sich nach wie vor allgemein wechselhaftes Wetter an. Und auch eine ansteigende Unwettergefahr ist zumindest nicht auszuschließen. Was nach wie vor sehr unwahrscheinlich ist, das ist ein stabiles Hoch.
Wie ungewöhnlich ist eine solche Situation eigentlich?
Aus meiner Sicht extrem außergewöhnlich. Natürlich können sich Großwetterlagen über mehrere Wochen halten. Aber eine derartige Lage im Juni, in der sich das Tiefdruckkarussell in weiten Teilen Europas bzw. Mitteleuropas immer wieder neu reaktiviert, konnte ich so nicht in den Wetteraufzeichnungen finden.
Liegt’s am Klimawandel?
Meteorologisch ist in erster Linie das zu beobachten und analysieren, was großräumig über der Nordhalbkugel passiert. Und da sehen wir momentan ein massives Hochdruckgebiet über dem Atlantik, das weit nach Norden bis nach Grönland und Island reicht. Gleichzeitig dominiert auch über Russland her der hohe Druck.
Die Tiefdruckgebiete dazwischen sind also bei uns wie eingekesselt?
Genau. Und die ansonsten vorherrschende Westwinddrift (also die wettersteuernde Strömung) ist unterbrochen. Zwar gibt es in der nächsten Woche durchaus Anzeichen, dass der atlantische Hochdruckblock schwächer wird und dass wir damit mehr zur Normalität zurückkehren. Aber so ganz sicher ist das eben nicht. Und wenn das Hoch sich zurückzieht, dann wohl eher in Richtung Azoren, weshalb es bei uns dann eben tendenziell wechselhaft weitergeht.
Und wie ist das dann mit dem Klimawandel?
Inwieweit diese Situation direkt dem Klimawandel geschuldet ist, lässt sich so einfach leider noch nicht sagen. Denn klimatologische Thesen sind immer über Jahrzehnte zu treffen und erst eine relative Häufung führt zu gesicherten Aussagen. Grundsätzlich gilt aber natürlich nach wie vor: in Zeiten der Erderwärmung, in denen wir uns ja befinden, kann die Luft mehr Wasserdampf aufnehmen und dadurch können sich die Niederschlagsereignisse eben nochmals verstärken.
Wie viel Starkregen haben wir denn in nächster Zeit zu erwarten? Speziell natürlich am Donnerstagabend zum zweiten Spiel der deutschen Mannschaft.

Das Spiel der deuten Nationalelf sollte man vielleicht lieber drinnen genießen.
(Foto: imago/snapshot)
Da braut sich leider wieder so einiges zusammen. Denn am Donnerstag dreht die Strömung vorübergehend auf südliche Richtung. Das bringt uns über die Alpen einen Schwall schwülwarmer und energiereicher Luft. Gleichzeitig entsteht nördlich der Alpen ein Tief, das dann bis Freitag über die Mittelgebirge bis in den Nordosten weiterzieht.
Das klingt schon mal gar nicht gut.
Ist es auch nicht. Zuvor wird der Donnerstag zwar speziell von den Alpen bis herauf nach Brandenburg noch schön und warm - mit Föhn in Südostbayern bei deutlich über 25 Grad. Derweil steigt aber im Südwesten Deutschlands bereits die Unwettergefahr deutlich an. Zwar ist die genaue Zugbahn des Tiefs und auch das Timing recht unsicher. Es spricht aber vieles dafür, dass nachmittags und abends - also zur besten Deutschlandspiel-Guckzeit - in der Südhälfte verbreitet kräftige Gewitter und intensive Platzregen aufkommen. Im Vorfeld könnten sich auch einige Superzellen (große Gewitterzellen) mit großem Hagel und einem erhöhten Tornadorisiko bilden.
Oh je. Lässt sich das mit den großen Gewitterzellen genauer eingrenzen?
Aus jetziger Sicht geht es um die Regionen vom zentralen und östlichen Bayern bis herauf ans Erzgebirge. Also dort, wo es tagsüber noch freundlich und warm ist.
Wie sieht es denn am Abend in den übrigen Landesteilen aus?
Auch im Westen sind kräftige Gewitter möglich. Das Regenrisiko zum Spiel liegt bei etwa 50 Prozent. Bessere Chancen auf einen trockenen Fussballabend bestehen von Hamburg bis herüber nach Berlin und weiter in Richtung Nordosten. Und auch der östliche und südöstliche Alpenrand könnte trocken bleiben. Dazu bewegen sich die Temperaturen zum Anpfiff bei 15 bis 22 Grad.
Wie geht es mit den Unwettern weiter?
In der Nacht auf Freitag ziehen die gewittrig durchsetzten Starkregen über die Mittelgebirge nach Norden weiter. Generell werden 6 Stündige Regenmengen von rund 50 Liter gerechnet. Das heißt punktuell dürften diese Mengen dann deutlich überschritten werden und es besteht nach wie vor Überflutungsgefahr. Sollte sich das Tief so kräftig wie erwartet bilden, dann bleibt vor allem der Nordosten/Norden auch den ganze Freitag über im Starkregengebiet bei einem stark bis stürmisch auffrischendem Wind mit Sturmböen. Aber wie gesagt: bei der Berechnung des Tiefs bestehen noch größere Unsicherheiten.
Das heißt, dass es vielleicht gar nicht so schlimm kommt?
Das könnte passieren. Aber das Potential ist erst einmal da und dann werden wir sehen, wie die konkrete Zugbahn ist.
Was bringt das Wochenende?
In der Südhälfte bleibt’s eher wechselhaft und allgemein lauwarm bei 17 bis 23 Grad. Beständiger und freundlicher dürften die freien Tage weiter nordwärts ausfallen. Die Unwettergefahr geht von Tag zu Tag zurück, so dass es am Sonntag nur noch im Süden einzelne, teils auch mal kräftige Wärmegewitter geben könnte, während es im großen Rest deutlich ruhiger wird.
Quelle: ntv.de