Panorama

Vermisstenfall von 1983 Knochenanalyse könnte Fall Orlandi lösen

Erst längere Zeit nach der Graböffnung finden Forensiker zwei Beinkeller voller Knochen.

Erst längere Zeit nach der Graböffnung finden Forensiker zwei Beinkeller voller Knochen.

(Foto: dpa)

Der Vermisstenfall Emanuela Orlandi ist seit 36 Jahren ungelöst, ihr Verschwinden aus dem Vatikan mysteriös. Vor Kurzem wurden auf einem Friedhof viele Knochen von Kindern und Erwachsenen gefunden. Sind auch die Überreste Orlandis darunter?

Was geschah mit Emanuela Orlandi? Diese Frage ist seit 1983 ungeklärt. Die Tochter eines Vatikan-Angestellten ging damals zum Musikunterricht und kehrte am Abend nicht mehr nach Hause zurück. Schon seit Jahrzehnten sucht die Familie nach ihr und vermutet, dass sie einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist.

Manche wittern im Fall Orlandi eine große Verschwörung der katholischen Kirche. Der Bruder der Vermissten behauptet sogar, dass der frühere Papst Johannes Paul II. etwas über Emanuelas Fall wusste und nichts sagte. "Es gibt Leute im Vatikan, die etwas wissen, und vielleicht Leute, die verstrickt sind", sagte der Bruder Pietro Orlandi Mitte Juli der AFP.

Jetzt kommt wieder Bewegung in den Fall: Der Vatikan ließ zwei Gräber auf dem Pilgerfriedhof Campo Santo Teutonico öffnen, um sich an der Suche zu beteiligen. Die Familie hatte zuvor einen anonymen Tipp erhalten, dass sich dort die Gebeine Emanuelas befinden könnten. Erst fanden die Ermittler nichts. Doch kurze Zeit später wurden bei der Untersuchung zwei sogenannte Beinkeller entdeckt, in denen sich viele Knochen befanden.

Über das Schicksal von Emanuela Orandi gibt es viele Theorien.

Über das Schicksal von Emanuela Orandi gibt es viele Theorien.

(Foto: picture alliance / Stf/ANSA/dpa)

Genetische Forensiker analysieren nun die Hunderte oder gar Tausende Knochen, wie der Wissenschaftler Giorgio Portera im Gespräch mit n-tv Reporter Udo Gümpel erklärte: "Man kann diese Knochen datieren, vielleicht nicht genau auf ein Jahr, aber man kann schon versuchen festzustellen, ob sie einige Jahrzehnte oder Jahrhunderte alt sind." Die Forensiker stehen vor einer enormen Herausforderung: "Je mehr Knochen gefunden wurden, desto schwieriger sind die Ermittlungen und desto länger wird es dauern. Es ist ein Problem, dass es eben nicht nach Personen getrennte Knochen sind, sondern ein Haufen Knochen, der in einen Schacht geworfen wurde. Das verkompliziert die Sache enorm." Über diese wissenschaftlichen Untersuchungen hinaus hoffe er, dass noch Dokumente gefunden werden, die Aufschluss darauf geben, wie die Knochen dorthin gekommen seien, erklärt Portera weiter.

Die Angehörigen sind wegen der neuen Untersuchungen aufgeregt, denn sie könnten Gewissheit über Emanuelas Schicksal erhalten: "Das wühlt mich alles sehr auf, wenn ich daran denke, dass dort wirklich die Knochen meiner Schwester liegen könnten. Aber daran denken wir erst einmal nicht, bevor wir nicht die Ergebnisse von den Knochen haben", sagte die Schwester Frederica Orlandi n-tv.

Viele Theorien und keine Gewissheit

Der Fall hält Italien und besonders Rom seit Jahren in Atem. Die Verbindung zum Vatikan und zur katholischen Kirche sind seit mehr als drei Jahrzehnten Stoff für verschiedene Theorien, die von Entführung bis Mord reichen. Eine geht davon aus, dass sie von einer Bande entführt wurde, die den damaligen Chef der Vatikanbank erpressen wollte. Nach einer anderen Theorie wurde Emanuela entführt, um die Freilassung von Mehmet Ali Agca zu erpressen, der 1981 einen Mordversuch auf Papst Johannes Paul II. verübt hatte.

Am heutigen Samstag soll eine "eingehende morphologische Untersuchung" der Knochen erfolgen, hieß es aus dem Vatikan. Möglicherweise geben die Analysen Aufschluss über den Verbleib von Emanuela Orlandi. Doch je nach dem, wann welche Gebeine untersucht werden, kann es längere Zeit dauern, bis Ergebnisse vorliegen.

Quelle: ntv.de

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