Mord-Ermittlungen in München Pfleger wollte wohl als Retter glänzen
11.11.2020, 12:30 Uhr
Nach den Taten soll sich der Pfleger damit gebrüstet haben, an der Rettung der Patienten beteiligt gewesen zu sein.
(Foto: Friso Gentsch/dpa/Symbolbild)
Aus Geltungsdrang gegenüber Kollegen und Freunden soll ein 24-jähriger Krankenpfleger in München mehrere Patienten mit Medikamenten in lebensbedrohliche Situationen gebracht haben. Nach diesen Taten soll er sich damit gebrüstet haben, an der Rettung der Patienten beteiligt gewesen zu sein, sagte der Leiter der Münchner Mordkommission, Josef Wimmer. Er habe zeigen wollen, "ich bin ein Pfleger mit Herz und Leidenschaft". Die Staatsanwaltschaft München I leitete Ermittlungen wegen dreifachen versuchten Mordes ein.
Vor allem wegen eines aufmerksamen Oberarztes soll der Fall den Ermittlern zufolge aufgefallen sein. Der Arzt habe Blutuntersuchungen veranlasst, nachdem am Samstag im Wachraum der betroffenen Klinik bei einem 91-Jährigen und einer 54-Jährigen unerwartete Komplikationen aufgetreten waren. Durch die Blutuntersuchungen konnte eine hohe Dosis nicht verordneter Medikamente im Blut der Patienten festgestellt werden.
Der Oberarzt habe sich zudem an einen ähnlichen Fall vom 24. Oktober erinnert, bei dem sich der Zustand eines 90-Jährigen in dem Wachraum plötzlich verschlechtert hatte. In allen drei Fällen war der seit Juli in dem Krankenhaus tätige Pfleger eingesetzt worden. Die Klinik zeigte den Mann noch am Wochenende an. Einen Tag später wurde der vorläufig festgenommen. Inzwischen wurde Haftbefehl erlassen. In seiner Vernehmung habe er sämtliche Vorwürfe bestritten.
Erinnerung an Fall Högel
Alle drei Patienten überlebten die Medikamentengabe, einer befindet sich laut Polizei aber in einem nach wie vor bedrohlichen Gesundheitszustand. Polizei und Staatsanwaltschaft wollen mit ihren Ermittlungen herausfinden, ob der Pfleger womöglich noch weiteren Patienten nicht verordnete Medikamente verabreichte. Auf das mögliche Tatmotiv Geltungsdrang kamen die Ermittler durch Chatverläufe, in denen der Verdächtige sich mit der Rettung der Patienten gebrüstet hatte. Neben dem Vorwurf des versuchten Mordes wirft die Staatsanwaltschaft dem 24-Jährigen auch gefährliche Körperverletzung vor.
Der Fall weckt schlimme Erinnerungen an die Mordserie des früheren Krankenpflegers Niels Högel. Das Landgericht Oldenburg verurteilte ihn im Juni vergangenen Jahres wegen 85-fachen Mordes zu lebenslanger Haft. In weiteren 15 angeklagten Fällen war er freigesprochen worden. Der BGH hatte das Urteil jüngst bestätigt.
Högel war bereits zuvor zweimal verurteilt worden, 2015 unter anderem wegen zweifachen Mordes an Patienten zu lebenslanger Haft. Er hatte Patienten mit Medikamenten in lebensgefährliche Situationen gebracht, um sie dann reanimieren zu können.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP