Tod auf See vorgetäuschtSpektakulärer Betrugsversuch vor Gericht

Ein Mann bricht im Oktober 2019 mit einem Boot nach Dänemark auf und verschwindet spurlos. Abgetaucht ist er tatsächlich - allerdings nicht in der Ostsee. Der 53-Jährige wollte Millionen aus Lebensversicherungen kassieren, aber die Ermittler kamen ihm auf die Spur, wegen seines Eherings.
Weil er seinen Tod als Bootsunfall vortäuschte, hat die Staatsanwaltschaft in Kiel einen mutmaßlichen Versicherungsbetrüger angeklagt. Er habe das Unglück fingiert, um die Auszahlung von 14 Lebens- und Unfallversicherungen über 4,1 Millionen Euro an seine Frau und seine Mutter zu erreichen, teilte die Behörde mit. Demnach sollen die Frauen nicht nur eingeweiht gewesen sein: Sie machten bei dem Betrugsversuch mit, bis die Polizei das Versteck des Mannes entdecken und ihn festnehmen konnte. Die beiden Frauen sind laut Staatsanwaltschaft mitangeklagt.
Am Ende war es der Ehering, der der Polizei auf das Versteck des heute 53 Jahre alten Mannes aus Kiel brachte. Auf der Suche nach dem verschwundenen Mann durchwühlte ein Einsatzkommando der Polizei Anfang Mai das ganze Haus seiner Mutter in Schwarmstedt im niedersächsischen Heidekreis, wie die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" (HAZ) berichtet. Nach etwa zwei Stunden habe ein Polizist dann den Dachboden mit einer Lampe ausgeleuchtet und ein Aufblitzen wahrgenommen - der Ehering des Gesuchten, der sich hinter Kisten versteckt hatte, reflektierte das Licht.
Zuvor hatte er mithilfe seiner 86 Jahre alte Mutter und seiner Ehefrau einen hollywoodreifen Versicherungsbetrug versucht: Laut Staatsanwaltschaft hatte das Trio das Verbrechen anscheinend rund ein Jahr lang vorbereitet. Seit August 2018 schloss der Mann zusammen mit seiner Ehefrau und seiner Mutter insgesamt 14 Lebens- und Unfallversicherungen ab, die diesen zugutekommen sollten.
Am 7. Oktober 2019 sei der Mann dann vom Yachthafen Schilksee aus, der etwa 15 Kilometer entfernt von seiner Kieler Wohnung liegt, Richtung Dänemark aufgebrochen, berichtet die Zeitung. Drei Tage später habe ihn seine Frau als vermisst gemeldet. Die Polizei fand das gekenterte Boot in der Ostsee. Laut Staatsanwaltschaft hatten Ermittler allerdings schnell ein Täuschungsmanöver vermutet. Auch Versicherungen schöpften Verdacht, ein Gutachter untersuchte laut Zeitungsbericht das geborgene Boot und stellte fest, dass es manipuliert und Wasser hineingepumpt worden war. Der Mann selbst soll demnach mit einem Gummiboot entkommen sein.
Frau und Mutter nicht nur Mitwisser
Im April dieses Jahres wollte seine Frau ihn dann gerichtlich für tot erklären lassen, um die Summen aus den Unfall- und Lebensversicherungen ausgezahlt zu bekommen. Bei einem Bootsunfall ist die Frist dafür verkürzt auf sechs Monate. Doch statt Auszahlungen in Millionenhöhe folgte ein Haftbefehl des Amtsgerichts gegen den verschwundenen Mann.
Nach aufwändigen Ermittlungen wurde der angeblich tote 53-Jährige dann im Mai bei der Durchsuchung im Haus der Mutter in Schwarmstedt entdeckt und festgenommen. Er sitzt seitdem wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Im Fall einer Verurteilung müssen die drei Angeklagten mit mehrjährigen Haftstrafen wegen besonders schweren versuchten Betrugs rechnen.
Der Mann und seine Mutter sollen laut HAZ kein unbeschriebenes Blatt sein. Sie sollen bereits gemeinsam eine Stiftung gegründet und Gelder veruntreut haben. Mehrere Gerichtsverfahren in Zusammenhang mit Unregelmäßigkeiten in der Stiftung wurden jedoch vorläufig eingestellt, weil die aktuellen Vorwürfe schwerer wiegen.