"Durchaus schadensträchtig" Starker Sturm braut sich vor Deutschland zusammen
22.02.2024, 13:25 Uhr Artikel anhören
Nicht nur an der Küste wird es stürmisch, auch im Binnenland sind Böen bis um die 100 km/h möglich.
(Foto: picture alliance/dpa)
Auf Deutschland steuert ein kräftiger Sturm zu. Laut ntv-Meteorologe Björn Alexander wird dieser zwar nicht so schlimm wie zunächst gedacht, doch die Spitzenböen seien "durchaus schadensträchtig". Die gute Nachricht: Das Ganze ist schnell wieder vorbei.
ntv.de: Ein Sturm zieht auf. Wie ist die Lage?
Björn Alexander: Derzeit nähert sich mit der wettersteuernden Strömung, dem sogenannten Jetstream, vom Atlantik her ein ausladendes Tiefdruck-Karussell mit etlichen eingelagerten Tiefs und Randtiefs. Damit geraten große Teile Europas jetzt zusehends unter Tiefdruckeinfluss. Besonderes Augenmerk gilt dabei einem neuen Ableger, der sich über dem Atlantik bildet und rasch zu uns zieht. Tief "Wencke" hat Sturm- bis Orkanböen im Gepäck.
Wie heftig wird "Wencke"?
Glücklicherweise schwächer als gestern von einigen Wettermodellen berechnet. Da standen zum Teil noch Böen bis 180 Kilometer pro Stunde oder mehr in den Prognosen für Deutschland zu Buche. Inzwischen haben sich die Wettercomputer auf Spitzenböen von 90 bis um oder etwas über 140 km/h geeinigt. Das ist zwar immer noch durchaus schadensträchtig, aber eben bei Weitem nicht mehr so intensiv.
Gibt es einen Fahrplan?
Ab dem Nachmittag und zum Abend erreicht uns das Hauptsturmfeld von Westen her. Besonders intensiv wird dabei der Durchgang der Kaltfront, an der die heftigsten Böen bis herunter ins Flachland gemischt werden. Somit handelt sich zwar um ein intensives, aber auch sehr kurzes Ereignis.
Mit welchen Details?
Nachmittags und abends drohen im Westen und Südwesten im Flachland erste Sturmböen. Indes können Richtung Schwarzwald auch schon Böen um oder über 100 km/h im Rennen sein. Mit der Zugbahn des Tiefs verlagert sich der Schwerpunkt des Sturms dann gen Norden und insbesondere ins Nordseeumfeld, wo die intensivsten Windspitzen bis um Tempo 140 drohen. Eine ähnliche Größenordnung erreichen die Böen ebenfalls im Oberharz.
Und im übrigen Land?
In Schauer- und Gewitternähe beziehungsweise mit dem Durchgang der Kaltfront sind in der Nordwesthälfte selbst im Flach- und Binnenland Böen um die 70 bis 90, vereinzelt sogar bis um die 100 km/h möglich. Insbesondere aufgrund der sehr nassen Vorgeschichte und den dementsprechend durchweichten Böden können erneut Bäume umgeworfen oder entwurzelt werden. Glücklicherweise liegt der Höhepunkt des Sturms am Abend und in der Nacht. Und am Freitag in der Früh ist der Sturm schon durch.
Was passiert im Anschluss? Wird es hinter der Kaltfront tatsächlich kalt?
Die Schneefallgrenze fällt auf rund 500 Meter und nachts müssen wir uns wieder vermehrt auf Frost und mögliche Glätte einstellen. Da das wechselhafte Wetter am Wochenende aber gleichzeitig auch Sonne zulässt, kann es dabei tagsüber bevorzugt im Osten bis auf 12 Grad raufgehen. Richtung Eifel werden es derweil höchstens um die 4 bis 6 Grad. Alles in allem also eher ein Mini-Winter bei uns, während der Alpenraum mit ganz anderen Schneemengen rechnen muss.
Welche Schneemengen sind zu erwarten?
Je nach Wettermodell gibt es vor allem in den zentralen und südlichen Alpen teilweise erhebliche Neuschneemengen. In den nächsten Tagen sind dabei mitunter auch mal Summen von 50 bis 100 Zentimetern drin - zum Teil vielleicht auch mehr - mit entsprechenden Folgen.
Die da wären?
Kurzfristig winterliche Straßenbedingungen sowie eine allgemeine Zunahme der Lawinengefahr. Längerfristig schauen sicherlich viele von uns gen Osterferien und mögliche Skiurlaube. Und in dem Zusammenhang ist der späte Schnee in Kombination mit einer teils mauen, weil sehr schneearmen Ausgangslage für die Ski- und Rodelfreunde natürlich Gold wert.
Ein Winter-Comeback, obwohl der Frühling schon auf dem Vormarsch ist. Hat das Folgen?
Für die Natur erst einmal nicht. Kaltlufteinbrüche werden erst dann zum Problem, wenn der Frühling weiter fortgeschritten ist, also im März, April oder im schlimmsten Fall sogar noch im Mai. Dann blühen empfindlichere Pflanzen. Schneeglöckchen, Krokusse oder Forsythien halten das hingegen ganz gut aus.
Was macht die Kaltluft mit der bislang außergewöhnlich milden Februar-Bilanz?
Aktuell rangieren wir mit einem Monatsmittel von 7,1 Grad weiterhin deutlich vor den bisher wärmsten Februar-Monaten im Jahr 1990 mit knapp 5,8 Grad oder im Jahr 2020 mit 5,3 Grad. Ein Wärmeüberschuss, der sicherlich nicht großartig aufgebraucht werden wird. Außerdem erlebten wir mit bislang rund 70 Litern je Quadratmeter einen der nassesten und sonnenärmsten Februar-Monate mit noch nicht einmal 30 Sonnenstunden in den vergangenen drei Wochen. Hier liegt der Spannungsbogen demzufolge auf der letzten Woche des Monats.
Mit welchen Aussichten?
Am Wochenende sowie am Montag bleibt es im Westen und Nordwesten eher durchwachsen, mit ein paar Schauern, die über 500 bis 600 Metern in Schnee übergehen. Im Südosten und Osten bleibt es dagegen überwiegend freundlich und trocken. Dazu erwarten uns 4 bis 12 Grad.
Und danach?
Tendenziell liegen wir zwischen den Hochs, was uns weiterhin eher durchwachsene Aussichten beschert. Die Temperaturen bewegen sich zunächst auch nicht allzu viel und verbleiben irgendwo zwischen letzten Zuckungen des Spätwinters und kleinen Gehversuchen des Vorfrühlings. Ein Trend, der sich momentan auch bei den längerfristigen Trends bis in den März hinein häufiger zeigt.
Quelle: ntv.de