Panorama

Erdogan-Kritik als Drohung?Vier Jahre Haft für bekannten türkischen Journalisten

26.11.2025, 15:31 Uhr
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Die Türkei belegt auf der Rangliste für Pressefreiheit lediglich Platz 159 von 180. (Foto: picture alliance / Daniel Kalker)

Laut einer Umfrage lehnt eine Mehrzahl der Türken lebenslange Regierungszeiten schon lange ab, erzählt ein berühmter türkischer Journalist auf seinem Kanal. Kurz danach wird er verhaftet und nun zu vier Jahren Haft verurteilt.

Einer der bekanntesten Journalisten und Politik-Kommentatoren in der Türkei ist zu vier Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt worden. Die Richter in Istanbul sprachen Fatih Altayli wegen Bedrohung des türkischen Präsidenten Recep Tayyp Erdogan schuldig, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Altayli, der im Juni verhaftet worden war, bleibt dennoch weiter im Gefängnis. Es bestehe Fluchtgefahr, argumentierte das Gericht laut Anadolu. Der 63-Jährige hatte vor seiner Verhaftung auf einem Youtube-Kanal mit 1,5 Millionen Abonnenten fast täglich das politische Geschehen in der Türkei kommentiert.

Hintergrund ist Anadolu zufolge ein Video, in dem Altayli über eine Umfrage spricht. Demnach wären 70 Prozent der Menschen in der Türkei gegen eine lebenslange Amtszeit Erdogans. Altayli argumentiert in dem Video, das türkische Volk würde nicht auf sein Recht zur Wahl verzichten wollen. Dies führt er an historischen Beispielen aus. So habe sich das Volk in der Vergangenheit etwa einiger osmanischer Herrscher entledigt - indem diese "erdrosselt" oder Opfer von Attentaten wurden. Die Staatsanwaltschaft warf Altayli daraufhin vor, er habe Erdogan bedroht.

Erdogan verfolgt Kritiker rigoros

Während seiner Haft hatte Altayli die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Er habe lediglich "historische Hintergründe" beleuchtet. Seine Aussagen seien absichtlich verzerrt worden. In der 180 Länder umfassenden Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) liegt die Türkei auf dem 159. Platz. Präsident Erdogan wird dafür scharf kritisiert, auch international gegen Journalisten und Medienschaffende drakonisch vorzugehen. Viele Betroffene leben im Exil und werden bei der Einreise in die Türkei immer wieder verhaftet.

Berühmtes Beispiel ist etwa der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel, der zwischen Februar 2017 und Februar 2018 in der Türkei aufgrund eines Spionagevorwurfs fälschlicherweise inhaftert wurde. Aber auch der ehemalige Chefredakteur der Erdogan-kritischen Zeitung Cumhurriyet, Can Dündar, ist ein ähnliches Beispiel. Im November 2015 inhaftiert, versuchte ein Attentäter ihn während des Prozesses zu töten. Seit Sommer 2016 lebt er in Deutschland. Erst kürzlich wurde sein YouTube-Kanal in der Türkei gesperrt.

Quelle: ntv.de, gri/dpa

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