"RTL – Wir helfen Kindern" Wie Dieter Nuhr in Sambia gegen die Blindheit kämpft
20.11.2024, 18:04 Uhr Artikel anhören
Zwei Männer, ein Ziel: Dieter Nuhr und Wolfram Kons stehen buchstäblich mit ihren guten Namen dafür, dass in diesem Fall das Kitwe Teaching Eye Hospital, ein Neubau mit einer kinderaugenmedizinischen Abteilung, entstehen kann.
(Foto: RTL)
"Sie lachen mich wegen meiner Augen aus. Sie akzeptieren mich einfach nicht", sagte Frank Chibuta traurig vor seiner OP. Der Siebenjährige lebt mit seiner Familie in dem kleinen Dorf Kalulushi in Sambia. Seit seiner Geburt litt er unter grauem Star, seine Sehkraft war sehr eingeschränkt. Deswegen wurde er von den anderen Kindern im Dorf ausgegrenzt. Auch in der Schule kam Frank nicht mit. "Dabei konnte Frank mit einer einfachen Operation geholfen werden", weiß Kabarettist Dieter Nuhr, der als Projektpate von "RTL – Wir helfen Kindern" das Schicksal von Frank und die Situation in Sambia kennt. Aber ein Besuch in einer Klinik oder bei einem richtigen Arzt kommt für viele nicht infrage - es fehlt nicht nur das Geld, auch die Entfernungen sind oft nicht zu bewältigen. "Wenn Frank nicht bald operiert worden wäre, wäre er für immer erblindet", so Dieter Nuhr. Unvorstellbar, aber für viele Familien sind 60 Kilometer zu einem Arzt eine unüberwindbare Strecke. "Da wird ein Kind blind, obwohl es eine Krankheit hat, die eigentlich sehr einfach zu behandeln ist," weiß Dieter Nuhr, der mit ntv.de über sein Engagement in Sambia spricht.
ntv.de: Warum Sambia, hast du eine spezielle Verbindung dorthin?
Dieter Nuhr: Ich war vor fast 20 Jahren das erste Mal in Sambia. Wir haben dort einen Film für meine Sendung gedreht, es ging um Gesundheit. Wir haben einen Heiler besucht, der mit äußerst kruden Hilfsmitteln Menschen behandelte, mit einem Schildkrötenpanzer, toten Schlangen und Grind und Gedöns. Ich weiß also aus persönlicher Erfahrung, dass westliche Medizin dort dringend gebraucht wird.
Was hat dich bei deinem letzten Besuch in Sambia am meisten beeindruckt?
Ich konnte meine Reise zum Hilfsprojekt in diesem Jahr leider nicht antreten, weil ich selbst im Krankenhaus war - die Galle ist raus. Ein Organ übrigens, das jede Menge Ärger machen kann. Ich war für Hilfsprojekte schon in vielen Ländern, unter anderem Bolivien, Sudan und Georgien. Ich werde wieder nach Sambia reisen, wenn das Krankenhaus fertig ist. Mich beeindruckt vor Ort regelmäßig, dass dort mit vergleichsweise einfachen Mitteln Unglaubliches geleistet werden kann. Da scheitert ein Krankenhausprojekt nicht - wie gerade in Tübingen, wo ein seit Jahren verlassenes Vogelnest eine Krankenhauserweiterung verhindert - an kruden Behördenzwängen (lacht).
Wie sehr berührt dich ein Schicksal wie das von Frank aus Sambia?
Sobald man den Blick auf Einzelschicksale lenkt, wird einem klar, welche Bedeutung selbst kleinste Hilfen haben. Franks Leben konnte mit vergleichsweise kleinem Aufwand signifikant verbessert werden. Es macht mich stolz, wenn ich dabei helfen kann. Aber es macht mich auch dankbar dafür, dass ich in einem Land mit funktionierendem Sozial- und Gesundheitssystem zur Welt gekommen und deshalb nicht auf auswärtige Hilfe angewiesen bin. Dazu habe ich nichts beigetragen. Das war einfach Glück.

Bitte helfen Sie Dieter Nuhr, den Kindern ihr Augenlicht wiederzugeben. Sie schenken damit neue Lebensqualität.
(Foto: RTL/ Anja Nürnberg)
Wie kann man auf die Ungerechtigkeiten der Welt eigentlich noch angemessen reagieren?
Mit Ruhe. Auch wenn's schwerfällt. Wir neigen dazu, alles Leiden der Welt auf uns zu beziehen, uns verantwortlich zu fühlen und schuldig. Die Welt dreht sich aber nicht um uns. Es ist sehr viel leichter, seinen Teil zur Hilfe beizutragen, wenn man die eigenen Grenzen kennt und dann zufrieden ist, wenn man tut, was man kann.
Kinder, die in einen Krieg verwickelt oder hineingeboren werden, die Nächte in Bunkern verbringen müssen, Kinder, die eigentlich sehen könnten, aber aufgrund von Armut und nicht vorhandener medizinischer Möglichkeiten nicht die nötigen Hilfsmittel wie eine Brille oder eine OP bekommen, Kinder, die hungern – das ist doch kaum auszuhalten. Will man da nicht auf den Tisch hauen und sagen: Es reicht!?
Laut des Nationalen Strategieplans für Augengesundheit 2017 bis 2021 wird die Prävalenz von Blindheit in Sambia auf zwei Prozent geschätzt, was bedeutet, dass schätzungsweise 392.000 Menschen im Land erblindet sind und schätzungsweise 24.000 Kinder eine Brille wegen Fehlsichtigkeit benötigen. Über 80 Prozent dieser Fälle hätten vermieden werden können, wenn nur angemessene Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, Vorbeugung und Heilung ergriffen worden wären.
Nun war die Welt noch nie ein Ort, der gerecht organisiert ist. Acht Milliarden Menschen mit so vielen unterschiedlichen Wertesystemen lassen sich nicht einfach nach unseren Maßstäben ordnen. Ich richte meinen Blick auf das Positive. Die Armut auf der Welt ist durch Industrialisierung, Globalisierung, moderne Medizin und vieles mehr von 98 Prozent auf unter zehn Prozent gesunken. 90 Prozent aller Mädchen weltweit gehen in eine Schule. Unsere katastrophische Wahrnehmung überdeckt die rasanten Fortschritte in vielen Bereichen. Die Welt ist in den letzten 100 bis 200 Jahren erheblich besser geworden. Die mediale Aufarbeitung hat sich verändert. Wenn in Afrika die Menschen am Hunger verstarben, bekam man das vor 100 Jahren gar nicht mit, weil gerade erst die illustrierte Zeitschrift erfunden wurde. Heute wird per Social Media alles in Echtzeit mit einbezogen.
Ist das ein Nachteil?

Mit den Spenden soll eine Kinderaugenklinik gebaut und mit ophthalmologischen Geräten ausgestattet werden. Für 68.000 Kinder mit Sehbehinderung wird so der Zugang zu hochwertigen Diensten verbessert.
(Foto: RTL/ Anja Nürnberg)
Katastrophenmeldungen erzeugen nachweislich erheblich höhere Klickzahlen als positive Meldungen. Ich fürchte, hier liegt die Hauptursache für unsere Ignoranz dem Positiven gegenüber. Das ändert nichts daran, dass immer noch viele Menschen in erbärmlichen Verhältnissen leben. Wir arbeiten daran, das zu verbessern.
Hast du das Gefühl, dass wir trotz allem nicht genug tun?
Ehrlich gesagt: Nein. Wir sollten uns nicht ständig Schuld einreden lassen. Schuldgefühle sind weder ein guter Ratgeber noch ein guter Antrieb. Ich glaube, dass erst die Aufklärung und das westliche Projekt der Industrialisierung und Modernisierung die Maßstäbe entwickelt haben, mit denen wir nun das Unglück der Welt messen. Die rasanten Fortschritte in Medizin und Versorgung, Landwirtschaft und Produktion haben dazu geführt, dass über acht Milliarden Menschen auf der Welt leben können. Ich glaube, dass wir unsere Hilfe positiv begründen sollten. Helfen macht glücklich und zufrieden.
Wie schaffst du es, dir den Humor, den du für seine Sendungen und deine Tour ja benötigst, zu erhalten?

Sambia zählt zu den weltweit ärmsten Ländern, es liegt laut Human Development Index (HDI) der Vereinten Nationen auf Platz 154 von 191 Ländern. Der Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten ist eine große Herausforderung, insbesondere in ländlichen Gebieten.
(Foto: RTL/ Anja Nürnberg)
Indem ich mich auch über das Positive informiere und meine Medienzeiten begrenze. Ich versuche, mich auf der ganzen politischen Bandbreite zu informieren und nicht einseitig. Und ich habe gelernt, mit den katastrophischen Triggerreizen, die unsere Medien in Massen auswerfen, bewusst umzugehen.
Du hältst den Menschen den Spiegel vor – bleibt dir da manchmal das Lachen im Halse stecken?
Sowohl in meiner Sendung als auch bei den Liveauftritten wird viel gelacht. Humor ist ein wichtiges Hilfsmittel bei der Bewältigung der Realität. Das Leben beginnt mit der Vertreibung aus dem Paradies des Uterus und endet mit dem Tod. Die Zwischenzeit gilt es sinnvoll zu füllen. Lachen hilft dabei.
Mit Dieter Nuhr sprach Sabine Oelmann
Unter dem Motto "We Serve" helfen Lions ehrenamtlich dort, wo Unterstützung gebraucht wird. Mit über 1,4 Millionen Mitgliedern in über 200 Ländern ist Lion Clubs International (LCI) die mitgliederstärkste wohltätige Clubbewegung der Welt. Derzeit engagieren sich in Deutschland rund 52.000 Mitglieder in über 1.500 Clubs für die Gemeinschaft und für Menschen in Not. Neben sozialen Zielen fördern sie kulturelle Projekte und setzen sich für die Rettung von Augenlicht, die Förderung der Jugend, Gesundheit, Umweltschutz und Nachhaltigkeit ein. Neben den internationalen Hilfsprojekten und der Katastrophenhilfe ist die Stiftung für das Lebenskompetenzprogramm Lions-Quest und die internationalen Lions-Jugendaustauschprogramme zuständig. Die Stiftung ist Mitglied der Initiative Transparente Zivilgesellschaft und führt seit 2002 das DZI-Spendensiegel. stiftung.lions.de
Quelle: ntv.de