Panorama

Bützow schwer getroffen Wie entsteht ein Tornado in Mecklenburg?

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Am Abend fegt ein heftiger Sturm über Norddeutschland hinweg und hinterlässt eine Schneise der Verwüstung in Bützow. Wie Tornados entstehen, welche Faktoren dabei mitspielen und wie die Lage für Deutschland aussieht, erklärt n-tv-Meteorologe Björn Alexander im Interview.

n-tv.de: Björn, zum Unwetter in Bützow werden derzeitig zwei verschiedene Begriffe verwendet: Tornado oder Windhose. Welches von beiden ist denn nun zutreffend?

Björn Alexander: Beides steht im Prinzip für dasselbe Phänomen. Nur benutzen wir in unseren Breiten häufig den Begriff Windhose, weil man vielleicht glaubt, dass ein Tornado hierzulande gar nicht möglich sei. Jedoch ist die korrekte Bezeichnung im meteorologischen Sinne tatsächlich Tornado.

Wie entsteht denn so ein Tornado?

Grundvoraussetzung ist eine Gewitterzelle. Das können beispielsweise riesige Gewittercluster sein, die wir häufig aus den USA kennen und die in ihrer Form schon mal an ein überdimensioniertes Raumschiff aus einem Science-Fiction-Film erinnern. Aber es können auch die organisierten Gewitterformen, die sich an einer Kaltfront entwickeln, sein. Letztere war am Dienstagabend in Bützow der Auslöser. Dann braucht es aber noch weitere Randbedingungen, die erfüllt sein müssen.

Und die wären?

Beispielsweise die sogenannte Windscherung als ein wichtiger Faktor. Damit ist gemeint, dass der Wind vom Boden bis einige Kilometer Höhe eine drastische Änderung haben muss. Das kann einerseits die Änderung der Richtung sein. Also vor der Kaltfront kommt der Wind am Boden zum Beispiel aus südlicher oder südöstlicher Richtung während er in der Höhe in Annäherung der Kaltfront schon auf Südwest oder West dreht. Des Weiteren kann auch die Geschwindigkeit vom Boden bis in die Höhe stärker zunehmen, als das im Durchschnitt der Fall ist.

Das klingt schon nicht ganz einfach.

n-tv-Meteorologe Björn Alexander.

n-tv-Meteorologe Björn Alexander.

(Foto: n-tv)

Ist es auch nicht. Vor allem, wenn wir noch ein bisschen weiter in der Theorie voranschreiten. Diese Scherung kann nämlich dazu führen, dass sich ein waagerechter Rotationskörper bildet. Bildlich gesehen würde ich es vielleicht an die lang gezogene Trommel einer Waschmaschine denken. Dieser rotierende Luftkörper kann dann durch die Aufwindsituation im Umfeld des Gewitters aufgerichtet werden. An der Wolke bildet sich ein Trichter, weshalb dieser Wolkentypus auch als "Trichterwolke" bezeichnet wird. Gleichzeitig zur Wolke, die nach unten hin trichterförmig wächst, werden vom Boden her Staub- und Sandpartikel hoch gesogen. Wenn es dann so weit ist, dass die Wolken optisch den Boden berühren, ist der Tornado entstanden. Und um diesen kleinräumigen und vergleichsweise kurzlebigen Rotationskörper können dann Windgeschwindigkeiten von mehreren hundert km/h auftreten.

Wie viel in etwa?

Die stärksten Tornados in den USA bis in etwa 500 oder 600 km/h. Derartig heftige Tornados sind meines Wissens nach hierzulande noch nicht beobachtet worden. Aber in der Größenordnung von 200 bis 400 km/h auf jeden Fall.

Wie misst man denn diese heftigen Geschwindigkeiten?

Die Bestimmung der Windgeschwindigkeiten geht in der Regel nur über die Schadenbilanzierung. Also beispielsweise wie sehen Schäden an Häusern aus, welche Schäden sind in Wäldern bzw. an Bäumen auszumachen? Wurden diese geknickt oder entwurzelt? Danach werden die Tornados dann in die sogenannte Fujita-Skala eingeteilt.

Wie viele Tornados gibt es bei denn in Deutschland im Jahr?

Ich würde mal so schätzen, dass es in etwa 30 bis 60 bestätigte Tornados sind. Verdachtsfälle, die sich nicht durch Augenzeugen oder Bilder sowie durch die entsprechenden Schäden klar dokumentieren lassen, vielleicht so um die 100.

Quelle: ntv.de

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