Experte blickt nach Syrien "Al-Kaida schwerer zu vertreiben als IS"
19.12.2015, 14:03 Uhr
Die syrischen Regierungstruppen kämpfen an mehreren Fronten. Keine Seite kann gewinnen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Syrienkrieg sei keine Seite stark genug für einen Sieg, das sei inzwischen allen Beteiligten klar geworden, sagt Terrorismusexperte Charles Lister und sieht einen Wendepunkt erreicht. Gleichzeitig betont er, welche Gefahr von Al-Kaida ausgeht - auch für den Westen.
Der Syrienkrieg hat nach Einschätzung des Terrorismusexperten Charles Lister einen Wendepunkt erreicht: Allen Beteiligten sei klar geworden, dass keine Seite stark genug für einen Sieg ist. Eine Garantie für eine Friedenslösung sieht der Syrienspezialist des US-Thinktanks Brookings darin jedoch nicht. Er befürchtet, dass der Westen eine längere Übergangszeit mit Präsident Baschar al-Assad favorisiere, um die Russen an Bord zu behalten, sagte Lister dem "Spiegel". Dann werde die Opposition aussteigen. "Und dann sind wir zurück auf null."
Die Miliz Islamischer Staat (IS) sei in den arabisch-sunnitischen Regionen nicht schwächer geworden, sagte Lister. Dennoch sei die Bedrohung des Westens durch den Al-Kaida-Ableger Nusra-Front größer. Al-Kaida wolle nicht wie der IS ein Kalifat aufbauen, sondern den Westen zerstören. "Die Nusra-Front hat sich so erfolgreich und so dauerhaft in die syrische Oppositionsbewegung eingenistet, dass sie schwieriger aus Syrien zu vertreiben sein wird als der IS", so Lister. "Während der IS die Menschen unterdrückt, teilt die Nusra-Front ihre Macht mit anderen Gruppen und gibt sich kooperativ und hilfsbereit. Das verleiht ihr einen Einfluss, den der IS schlicht nicht hat."
Für problematisch hält der Experte den Begriff der "gemäßigten Rebellen". Habe man anfangs an Organisationen wie die Freie Syrische Armee (FSA) gedacht, habe sich nun die Einsicht durchgesetzt, dass man auch mit extrem konservativen Gruppen verhandeln müsse. Die politischen Vorstellungen der FSA und der Ahrar al-Scham, einer salafistischen Rebellenmiliz, seien sich ähnlich. "Es gibt ein nationalistisches Grundgefühl, das sie verbindet."
Quelle: ntv.de, asc/dpa