Forderungen und Vorwürfe Ampel streitet wieder über Entlastungen
20.08.2022, 01:44 Uhr
Lisa Paus bei einem Auftritt im Bundestag - der noch bis Ende des Monats pausiert. Die Ministerin gehört zu den prominentesten Stimmen des jüngsten Streits.
(Foto: Carsten Koall/dpa/Archivbild)
Während es vor Kurzem noch nach einer bevorstehenden Einigung auf ein drittes Entlastungspaket aussah, bricht nun wieder offen Streit in der Ampel-Koalition aus. Gleich mehrere Mitglieder der Regierungsparteien melden sich zu Wort.
Innerhalb der Ampel-Koalition gehen die Meinungen über neue Entlastungsmaßnahmen für die Bürgerinnen und Bürger immer weiter auseinander. "Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner handeln konzeptlos. Die Ampel darf sich nicht durch populistische Impulse treiben lassen", sagte der Chef der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, dem "Spiegel" mit Blick auf die von Scholz angekündigte Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus sagte ntv, sie halte Einmalzahlungen nicht für ausreichend. "Über Einmalzahlungen werden wir nicht über den Winter kommen", sagte die Grünen-Politikerin. Notwendig seien vielmehr strukturelle Maßnahmen. Eine Möglichkeit dafür ist laut Paus eine Anhebung des Kindergeldes, die aber dann höher ausfallen müsste als die durch die Inflation bedingten Mehrkosten. "Die Inflation kann man ja ausrechnen und dann sollte es darüber liegen", sagte die Ministerin. Dies wäre dann auch ein wichtiger weiterer Schritt hin zur Kindergrundsicherung.
Im Deutschlandfunk kritisierte sie die Pläne des Finanzministers, das automatische Aufrücken in eine höhere Steuerprogression aufgrund von Lohnerhöhungen ("kalte Progression") künftig zu verhindern. Es sei eher unwahrscheinlich, dass Lohnerhöhungen tatsächlich die Höhe der Inflation erreichten, sagte die Grünen-Politikerin. Allerdings stünden Menschen mit niedrigen Einkommen oder auch Familien mit dem Rücken zur Wand. "Da sag ich mal: Die sind zuerst dran."
Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, kritisierte wiederum in der "Bild" Äußerungen von Lindner, wonach er spezielle Hilfen für ältere Menschen ablehne. "Das künftige Entlastungspaket muss sich natürlich auch an Rentnerinnen und Rentner richten", sagte Mast der Zeitung.
Dürr sieht nur begrenzte Spielräume
FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte seinerseits Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf sicherzustellen, dass die Mehrwertsteuersenkung beim Gas auch tatsächlich an die Verbraucher weitergegeben wird. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sprach sich Dürr zudem gegen weitere Entlastungen aus. Die Spielräume des Bundeshaushalts seien "begrenzt".
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte der Funke Mediengruppe in Richtung seines Parteifreunds und Bundeskanzlers Scholz, dessen Ansagen müssten "durch Taten konkretisiert werden". Die Mehrwertsteuersenkung sei dabei ein wichtiger Schritt, so der SPD-Politiker. Im Raum steht derzeit ein drittes Entlastungspaket der Bundesregierung angesichts der hohen Inflation und drastisch gestiegener Energiepreise. Am Donnerstag hatte der SPD-Vorstand noch getwittert, die Verhandlungen seien in den letzten Zügen. Auch Lindner hatte sich optimistisch gezeigt.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP