Politik

450.000 Asylanträge offen Bamf hat wieder mehr anhängige Verfahren

Das Bamf bekommt im Februar eine neue Chefin: Jutta Cordt folgt dann auf Frank-Jürgen Weise.

Das Bamf bekommt im Februar eine neue Chefin: Jutta Cordt folgt dann auf Frank-Jürgen Weise.

(Foto: dpa)

Die Zahl der nicht abgeschlossenen Asylanträge steigt wieder, ebenso die Bearbeitungszeit. Das Bamf begründet dies mit komplexen Altfällen, um die man sich kümmere. Der scheidende Behördenchef Weise will den Rückstau schnell abbauen.

Das Bundesflüchtlingsamt (Bamf) hat einem Zeitungsbericht zufolge derzeit mehr anhängige Asylverfahren als am Jahresende 2015 - obwohl es effektiver geworden ist. Das Bamf starte voraussichtlich mit mindestens 450.000 nicht abgeschlossenen Asylverfahren ins Jahr 2017, berichtet die "Rheinische Post" auf der Grundlage von Daten der Nürnberger Behörde. Ende 2015 lag die Zahl demnach deutlich unter 400.000.

Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der zwischen Januar und November 2016 gestellten Asylanträge liegt nach Auskunft der Behörde bei 6,9 Monaten. 2015 waren es dem Bericht zufolge 5,2 Monate. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge begründe die längere Dauer damit, dass es sich 2016 zunehmend komplexeren Altfällen gewidmet habe, etwa solchen, in denen die Identität schwer nachweisbar sei. "Die Verfahrensdauer wird wieder deutlich sinken, wenn die Altfälle abgeschlossen sind", sagte ein Behördensprecher. Für Anträge, die seit dem 1. Juni 2016 neu gestellt worden seien, liege die Verfahrensdauer nur noch bei zwei Monaten.

Den Rückstau an unbearbeiteten Asylanträgen will die Behörde "im Frühjahr 2017 weitgehend abbauen". Das sagte Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise der "Bild"-Zeitung. Bei einem Viertel der rund 400.000 angehäuften Verfahren handele es sich um "sehr spezielle und langwierige Fälle, bei denen entweder keine Dokumente vorliegen oder wir weitere Informationen aus dem Ausland brauchen".

615.000 Entscheidungen getroffen

Oft hätten die Betroffenen daran keine Schuld, weil sie überstürzt fliehen müssten oder ihre Herkunftsländer nur ohne Papiere verlassen dürfen, sagte Weise. Bis Ende November habe sein Haus rund 615.000 Entscheidungen getroffen, ergänzte er. "Das ist sehr viel."

Allerdings sei die Registrierung der Asylsuchenden nur der erste Schritt. "Jetzt gilt es, die vielen Bleibeberechtigten zu integrieren." Rund 70 Prozent von ihnen seien im erwerbsfähigen Alter und auf der Suche nach Arbeit. "Wenn es uns nicht gelingt, diese Flüchtlinge und anderweitig Schutzberechtigten in den Arbeitsmarkt zu integrieren werden sie auf Dauer das Sozialsystem belasten und die Stimmung im Land kann kippen. Das darf nicht passieren."

Bis jetzt seien 120.000 Schutzberechtigte in Arbeit gebracht worden, fügte der scheidende Bamf-Präsident hinzu. Auch wenn vorhandene Berufserfahrung genutzt werde, müsse aber jedem klar sein: "Das Problem des Fachkräftemangels in Deutschland kann so nicht vollständig behoben werden."

Flüchtlingshilfe steigert Wachstum

Die Milliardenausgaben für Flüchtlinge und deren eigener Konsum steigern unterdessen Ökonomen zufolge dauerhaft das Wachstum. "Beides stimuliert die Binnenkonjunktur", sagte Ifo-Chef Clemens Fuest der "Rheinischen Post". Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte der Zeitung: "Die staatlichen Leistungen für Geflüchtete wirken wie ein kleines Konjunkturprogramm, denn ultimativ kommen sie vor allem deutschen Unternehmen und Arbeitnehmern durch eine höhere Nachfrage zugute."

2016 hätten Staatsausgaben für Geflüchtete das Wirtschaftswachstum "um etwa 0,3 Prozent erhöht", langfristig seien gar 0,7 Prozent pro Jahr möglich, sagte Fratzscher. Die staatlichen Mehrausgaben im Zusammenhang mit der hohen Flüchtlingsmigration lagen 2016 deutlich über 20 Milliarden Euro.

Allein für die Bundesländer lagen die Kosten laut einer Umfrage des "Handelsblatts" dieses Jahr bei 19,85 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr rechnen die Länder demnach mit Flüchtlingsausgaben in Höhe von 15,6 Milliarden Euro.

Mit Abstand am meisten wird demnach in Nordrhein-Westfalen ausgeben: Das bevölkerungsreichste Bundesland plant laut Bericht mit 4,2 Milliarden Euro. Dahinter folgen Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Die Länder wurden 2016 um rund zehn Milliarden Euro durch den Bund entlastet. Noch immer tragen sie laut Bericht aber rund zwei Drittel der Flüchtlingskosten. Viele Länder fordern daher eine stärkere Beteiligung des Bundes.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP

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