Kirchentag in Nürnberg Bedford-Strohm fordert gesellschaftlichen Kurswechsel
07.06.2023, 19:01 Uhr Artikel anhören
"Ja, wir wollen unser Leben neu ausrichten, ab jetzt.", sagt Landesbischof Bedford-Strohm beim Eröffnungsgottesdienst des Kirchentags in Nürnberg.
(Foto: dpa)
"Wir wollen nicht gegeneinander leben auf der Welt" - mit dieser Aufforderung beginnt der Evangelische Kirchentag. Landesbischof Bedford-Strohm plädierte dafür, neue Antworten auf die Fragen nach Glück und Zufriedenheit zu geben. Bis Sonntag sind in Nürnberg mehr als 2000 Veranstaltungen geplant.
Zum Auftakt des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentags hat der bayerische evangelische Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm die Gesellschaft aufgerufen, ihre Ziele radikal zu verändern. "Wir werden unser Glück nicht mehr am Wachstum des materiellen Wohlstands festmachen, sondern am Wachstum des Beziehungswohlstands", sagte er. "Wir werden unsere Freiheit nicht mehr danach beurteilen, wie hoch der Tachometer gehen darf, sondern dass wir uns schöpfungskonform fortbewegen".
"Ja, wir wollen unser Leben neu ausrichten, ab jetzt. Wir wollen nicht gegeneinander leben auf der Welt, sondern miteinander. Und wir wollen hoffen", sagte er in seiner Predigt beim Eröffnungsgottesdienst in Nürnberg. Der Klimawandel zwinge jetzt zum Umdenken - und zum Kämpfen. "Kämpft mit für unsere Kinder. Sie sollen klares Wasser trinken, sie sollen sich an Schmetterlingen freuen." Mit dem Gottesdienst begann das mehrtägige Glaubenstreffen offiziell. "Der Kirchentag ist eröffnet", sagte Kirchentagspräsident Thomas de Maizière unter dem Applaus der Gottesdienstbesucher.
Söder verteidigt Staatsleistungen
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte zum Auftakt eine Ablösung der Staatsleistungen für die Kirchen in Deutschland abgelehnt. Er sei dagegen, die Kirche aus dem öffentlichen Leben zu verbannen. Das Geld ist eine staatliche Gegenleistung für die Enteignung deutscher Kirchen und Klöster Anfang des 19. Jahrhunderts im Rahmen der Säkularisierung. Außer Hamburg und Bremen zahlen deshalb alle Bundesländer eine jährliche Summe an die katholische und die evangelische Kirche. Zuletzt waren es insgesamt rund 550 Millionen Euro pro Jahr.
Vor Beginn des Treffens hatte es Kritik daran gegeben, dass der Kirchentag, für den nach Angaben der Veranstalter bis zum Beginn rund 60.000 Tickets verkauft worden waren, auch aus öffentlichen Geldern finanziert wird. Nach Angaben von Kirchentags-Geschäftsführer Stephan Menzel verfügt der Kirchentag über einen Haushalt von 20,5 Millionen Euro für zwei Jahre. Darin enthalten sind neben 5,6 Millionen Euro von der bayerischen Landeskirche auch 5,5 Millionen Euro vom Freistaat Bayern und 3 Millionen Euro von der Stadt Nürnberg. Dazu können noch bis zu eine Million Euro an Sachleistungen kommen. Kirchentagspräsident de Maizière reagierte auf die Kritik, indem er für die öffentlichen Zuwendungen dankte. "Das ist großzügig" und er halte es auch für wichtig, sagte er. "Aber es ist nicht selbstverständlich."
2000 Veranstaltungen - 100.000 Besucher
Bis Sonntag werden beim Kirchentag rund 2000 Veranstaltungen für die mehr als Hunderttausend Besucher erwarteten Besucher geboten - vor allem in Nürnberg, aber auch in der Nachbarstadt Fürth. "Jetzt ist die Zeit", lautet die Losung des großen Glaubenstreffens, sie stammt aus dem Evangelium nach Markus. Zu den Kernthemen zählen Klima- und Umweltschutz. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, kann wegen einer Coronaerkrankung nicht am Kirchentag teilnehmen.
Neben einer Vielzahl spiritueller, religiöser und kultureller Themen ist auch die Politik einer der Schwerpunkte im Programm. Auf den Hauptpodien des Kirchentags soll unter anderem über Generationengerechtigkeit, internationale Sicherheitspolitik und Waffenlieferungen diskutiert werden. Bundeskanzler Olaf Scholz wird am Samstag zu einem Gespräch in der Frankenhalle erwartet.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP