Biden macht Druck Worauf soll sich Israel mit den Terroristen einigen?
05.06.2024, 13:45 Uhr Artikel anhören
Bekommen derzeit kaum Hilfe von außen: Palästinenser im von Israel beschossenen Gazastreifen
(Foto: IMAGO/APAimages)
Die Zeit könnte nicht stärker drängen für einen Friedensplan zwischen Israel und der Hamas: Die Notleidenden im Gazastreifen sind nicht mehr mit Hilfe erreichbar, meldet Oxfam. Zugleich sinkt die Überlebenschance der israelischen Geiseln täglich. Auf was müssten sich die Kriegsparteien im Deal einlassen?
Kann dieser Vorschlag endlich Frieden bringen? US-Präsident Joe Biden drängt Israel und die Hamas dazu, den jetzt vorgelegten Drei-Phasen-Plan anzunehmen, die Waffen ruhen zu lassen und alle Geiseln zu befreien. Seit Monaten verhandeln beide Kriegsparteien durch Vermittler über einen gemeinsamen Deal. Dem neuesten Plan hat die israelische Seite in den Verhandlungen bereits zugestimmt, doch Premierminister Benjamin Netanjahu hat andere Prioritäten. Bislang bestätigt er das Angebot nicht offiziell. Auch von der Hamas steht eine Reaktion auf den Biden-Vorschlag noch aus. Auf was müssten sich die beiden Kriegsparteien einigen?
- Phase 1 des Plans umfasst sechs Wochen. In dieser Zeit würden die Waffen vollständig ruhen, die israelischen Streitkräfte müssten sich aus allen dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens zurückziehen. Damit soll es möglich werden, schnell viel humanitäre Hilfe nach Gaza zu bringen. Seit der Grenzübergang Rafah von Israel blockiert wird, ist die Lage für die palästinensische Bevölkerung noch bedrohlicher geworden.
Im Zuge der ersten Phase müsste die Hamas vor allem Frauen, Ältere und Verletzte unter den israelischen Geiseln freilassen. Auf israelischer Seite würden im Gegenzug Hunderte palästinensische Inhaftierte aus israelischen Gefängnissen freikommen. Mittlerweile soll eine große Zahl an israelischen Geiseln gestorben sein. Ihre sterblichen Überreste sollen an deren Familien übergeben werden, sieht der Plan vor. - Außerdem müsste während Phase 1 weiter verhandelt werden, um Phase 2 möglich zu machen, ein dauerhaftes Ende der Kämpfe. Dazu würden alle Geiseln freigelassen, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Hand der Terroristen befinden. Auch gefangen genommene männliche Soldaten sollten dann freikommen. Die israelischen Streitkräfte müssten sich parallel dazu komplett aus dem Gazastreifen zurückziehen. Für diesen Prozess veranschlagen die Unterhändler weitere sechs Wochen.
- Mit Phase 3 würde der Wiederaufbau im Gazastreifen starten. Dieser sollte drei bis fünf Jahre dauern, unterstützt von den USA und der internationalen Gemeinschaft.
Der Drei-Phasen-Plan, bei dem eine neue Phase erst dann möglich wird, wenn die vorherige erfolgreich abgeschlossen wurde, soll aus israelischer Sicht das Erreichen seiner Kriegsziele gewährleisten. Von diesen Zielen mag Premier Netanjahu nicht lassen, auch wenn von vielen Sicherheitsexperten etwa die vollständige Vernichtung der Hamas als unmöglich eingeschätzt wird. Das ist eines der beiden offiziell ausgegebenen Ziele des Gazakrieges, neben der Befreiung der Geiseln.
Große Teile der israelischen Bevölkerung haben allerdings Zweifel daran, dass Netanjahu das Ziel, die Geiseln aus der Hamas-Gefangenschaft zu holen, tatsächlich mit allen gebotenen Mitteln verfolgt. Die Regierungskoalition mit rechtsextremen Parteien macht ihn erpressbar. Die Rechtsextremen wollen eine Einigung mit der Hamas unbedingt verhindern, ihr Ziel ist es, den Gazastreifen dauerhaft zu besetzen. Darum versuchen sie, jegliche Schritte hin zu einem Friedens-Deal zu blockieren. Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir drohte, die Regierung aufzulösen, falls die Einigung zustande kommt.
Netanjahu zu überzeugen, ist allerdings nur die halbe Miete bei diesem Unterfangen. Auch die Hamas-Führungsriege hat sich zum Deal bislang nicht geäußert. Ihr kann es in der jetzigen Phase nur noch darum gehen, das eigene Überleben zu sichern. Mit der Freilassung aller Geiseln würden sie ihr letztes Faustpfand herausgeben, um noch Zugeständnisse von israelischer Seite zu erpressen.
Quelle: ntv.de, mit dpa