Gesetze passieren Parlament Brexit ist greifbar wie nie
09.01.2020, 18:38 Uhr
Ein großer Sprung: Das britische Unterhaus ist sich über den Abschied von der EU einig.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nie waren die Chancen für den Brexit größer: Nach zahlreichen gescheiterten Abstimmungen bringt der neue Premier den Vertrag für den EU-Ausstieg durchs Parlament. Die noch anstehenden Voten gelten als Formsache. In drei Wochen könnte Großbritannien aus der Staatengemeinschaft ausscheiden.
Das britische Unterhaus hat drei Wochen vor dem geplanten EU-Austritt abschließend für das Brexit-Gesetz von Premierminister Boris Johnson gestimmt. 330 Abgeordnete unterstützten den von der Regierung vorgelegten Gesetzestext zum Austrittsvertrag mit der EU, 231 stimmten dagegen. Die Ratifizierung des Austrittsabkommens per Gesetz ist die Voraussetzung für einen geordneten Austritt Großbritanniens aus der EU am 31. Januar.
Drei Mal war die ehemalige Premierministerin Theresa May daran gescheitert, das Gesetz durch das Unterhaus zu bekommen, und auch ihr Nachfolger Johnson hatte zunächst keinen Erfolg. Die Verabschiedung des Gesetzes werde das Vertrauen in das Parlament und die Demokratie wieder herstellen, sagte Brexit-Minister Steven Barclay während der Debatte.
Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, muss der Entwurf aber noch mehrere Stufen im Oberhaus durchlaufen. Sollten die Lords Veränderungen daran vornehmen, wäre erneut die Zustimmung des Unterhauses erforderlich. Es gilt aber als so gut wie ausgeschlossen, dass es dabei zu substanziellen Änderungen kommt. Seit dem überwältigenden Sieg von Johnsons Konservativen bei der Wahl im vergangenen Jahr ist vom Parlament kein nennenswerter Widerstand mehr zu erwarten. Auch das Europaparlament muss das Abkommen noch ratifizieren.
EU will nur wichtigste Punkte verhandeln
Es wird erwartet, dass das Gesetz rechtzeitig für den geplanten Austrittstermin am 31. Januar in Kraft treten kann. In den Fokus rücken nun die Gespräche über die künftigen EU-Beziehungen nach einer Übergangszeit bis Ende 2020. EU-Vertreter halten die Frist von elf Monaten für zu knapp, um alle Aspekte eines Freihandelsabkommens zu klären. Dies strebt Johnson aber an. Eine Verlängerungsoption um bis zu zwei Jahre, die noch bis Juli offensteht, schließt er kategorisch aus.
Brüssel werde sich bei den Verhandlungen zunächst vor allem auf eine enge Sicherheitspartnerschaft und ein Handelsabkommen konzentrieren, sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier. Darüber hinaus sollen neue Kanäle der Zusammenarbeit aufgebaut werden. Die von Großbritannien gewünschte Verhandlungsfrist von nur elf Monaten sei allerdings zu kurz, um alle Details der künftigen Beziehungen auszuhandeln, so Barnier. Deshalb müsse man sich auf die wichtigsten Punkte konzentrieren. Den Aufbau neuer Strukturen der Zusammenarbeit und die künftige Partnerschaft im Kampf gegen Verbrechen und Terrorismus nannte Barnier als Punkt eins und zwei, ein Handelsabkommen als dritten Punkt.
Dabei wiederholte Barnier die strikten Leitlinien der EU. Man biete ein Abkommen "ohne Zölle, ohne Kontingente, ohne Dumping" an. Voraussetzung seien gleiche Wettbewerbsbedingungen bei Umwelt-, Sozial-, Beihilfe- und Steuerregeln. Barnier sagte, die EU-Kommission werde am 1. Februar bereit sein, ein Verhandlungsmandat vorzuschlagen. Gesprächsstart soll dann Ende Februar oder Anfang März sein. Schon bis Juni wolle man so weit kommen wie möglich. Die Staats- und Regierungschefs der 27 bleibenden EU-Staaten und Großbritanniens würden dann Zwischenbilanz ziehen.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts