Das wird sich rächen Der Plan für den Corona-Herbst springt zu kurz


Man hat sich zusammengerauft: Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann stellen ihren Herbst-Katalog vor.
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Wenigstens ist die Bundesregierung diesmal früh dran: Schon im Sommer legt sie einen Plan für den Corona-Herbst vor. Und das Regelwerk ist denkbar einfach. So einfach, dass ein Maßstab fehlt, wann Alarm geboten ist. Das ist ein Fehler aus Schwäche.
Nach zweieinhalb Jahren Corona muss man im Rückblick sagen: Die Bundesregierung ist manches Mal zu weit gegangen, sie hat zu viel geregelt, zu viel Freiheiten beschnitten und musste sich korrigieren. Die neue Bundesregierung will - auch auf Druck der FDP - diese Art Fehler unbedingt vermeiden. Leider springt sie an einer entscheidenden Stelle deshalb zu kurz: Es gibt keine bundesweit einheitlichen Kriterien, wann und warum künftig welche Alarmstufe gelten soll. Das ist ein Fehler, der sich rächen wird.
Aber immerhin: Zum ersten Mal hat die Bundesregierung im Sommer überhaupt einen Plan für den Corona-Herbst und Winter. Im Grunde genommen gut ist auch, dass der Plan denkbar einfach ist: Viele schwere Eingriffe sind komplett aussortiert und gehen gar nicht mehr, Lockdowns zum Beispiel oder flächendeckende Schulschließungen. Und den bescheidenen Rest der möglichen Maßnahmen regelt jedes Bundesland für sich allein.
Jedes Bundesland entscheidet über Maskenpflicht oder Zutrittsbeschränkungen, und solange die nächste Corona-Welle nicht alle Dämme bricht, ist das auch richtig so. Die Infektionen treten nicht überall gleichermaßen auf, und auch die Impfquoten der Länder klaffen nach wie vor auseinander.
Die Ampel-Koalition hat sich zusammengerauft für die neue Regelung. Man hat sich vom aufgeregten Streit um das Instrument einer angeblich diktatorisch übergriffigen Maskenpflicht nicht beirren lassen, doch der Kompromiss hat einige Zeit gedauert. Trotzdem bleibt die Bundesregierung eines sträflich schuldig, und eigentlich ist es mit das Wichtigste: Was löst die Einschränkungen eigentlich aus? Ab wann und mit welcher Begründung gilt im Falle des Falles Alarm?
Ganz ohne Maßstab geht es nicht
Die bloßen Fallzahlen sind es zum Glück nicht mehr, es wäre ein überholter Maßstab. Corona hat gewiss nicht allen Schrecken verloren. Aber die zig Millionen Impfungen und Erkrankungen haben die Lage so verändert, dass schon sehr viel passieren müsste, damit die Krankenhäuser zusammenbrechen und Tausende Tote drohen.
Aber ganz ohne Maßstab geht es eben auch nicht. Darüber soll jedes Bundesland für sich selbst entscheiden. Das ist ein Fehler aus Schwäche – Schwäche der Bundesregierung. Denn man kann es schon ahnen: Am Ende gibt es 16 verschiedene Definitionen, wie gefährlich Corona ab welchem Punkt ist. Und 16 Länderregierungschefs, die sich gegenseitig Vorwürfe machen und den Streit in der Gesellschaft auf ewig fortschreiben? Das kann es nicht sein.
Quelle: ntv.de