Politik

Politisch, emsig, kritisch Edmund Stoiber - der verhinderte Kanzler

Immer noch sehr engagiert: Edmund Stoiber.

Immer noch sehr engagiert: Edmund Stoiber.

(Foto: dpa)

2002 nahm Edmund Stoiber Anlauf auf das Berliner Kanzleramt - vergeblich. 14 Jahre lang regierte der CSU-Politiker, der 75 Jahre alt wird, den Freistaat Bayern. Auch heute noch sprüht Stoiber vor politischer Leidenschaft und kann sich in Rage reden.

Pünktlichkeit war nie Edmund Stoibers große Stärke. Bis heute sind seine Verspätungen bei Terminen legendär. Zwar hat der Druck im Terminkalender des ehemaligen CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten nachgelassen, der Blick auf die Armbanduhr mit weißem Zifferblatt ist aber allgegenwärtig. Denn auch neun Jahre nach seinem unfreiwilligen Rücktritt als Regierungschef kann sich Stoiber nicht über Langeweile beklagen: Aufsichtsrat des FC Bayern München, Vorsitzender des Beirats der ProSiebenSat1. Media AG, Mitglied im deutsch-russischen Rohstoff-Forum, CSU-Ehrenvorsitzender, Anwalt, TV-Auftritte, Podiumsdiskussionen, Ehemann, Vater, Opa.

Stoiber mit seinem politischen Ziehvater Franz Josef Strauß (Archivbild von 1979).

Stoiber mit seinem politischen Ziehvater Franz Josef Strauß (Archivbild von 1979).

(Foto: dpa)

Auch bei der Planung seines 75. Geburtstages, den Stoiber am Mittwoch begeht, spielen Terminkalender eine wichtige Rolle, obwohl er ihn nur mit der Familie feiern will. "Den Geburtstag selbst feiere ich alleine mit meiner Frau, das ist ja mitten unter der Woche", sagt Stoiber. Der Rest der Familie sei beruflich eingespannt. "Wir werden aber alle zusammen den Geburtstag nachfeiern."

Stoiber genießt nach eigenen Worten die Zeit abseits der aktiven Politik, einer Karriere, die er so nie geplant hatte: Von 1974 bis 2008 war er Mitglied des bayerischen Landtags, in der Zeit war er CSU-Generalsekretär, Staatssekretär, Innenminister, Leiter der Staatskanzlei und 14 Jahre Ministerpräsident. 2002 war er Kanzlerkandidat der Union, nach Franz Josef Strauß der bis heute einzige aus der CSU. Der Eintritt ins Kanzleramt blieb ihm verwehrt.

"Ich bin froh, dass ich mir als Rechtsanwalt eine Infrastruktur schaffen konnte, mit der ich aktiv bleiben kann", sagt er. Selbstbestimmter sei er nun und nach wie vor politisch: "Ich beobachte das Spiel, mache mal einen Zwischenruf, aber ich stehe nicht mehr auf dem Platz."

Sorge um Zustand der CDU

Nachdem sich Stoiber in den vergangenen fast acht Jahren sehr zurückgehalten hat und als Sonderberater der EU-Kommission in Brüssel aktiv war, meldet er sich nun wieder häufiger zu Wort. "Grundsätze in der Politik über den Tag hinaus zu denken ist das Privileg desjenigen, der 40 Jahre Politik gemacht hat, der fast 25 Jahre einem Kabinett angehört hat."

Stoibers aktuelle Themen sind die Flüchtlingspolitik, die Zukunft Europas und die Krise der Union. Da redet er sich schnell in Rage, sprüht vor Leidenschaft: "Natürlich mache ich mir Gedanken, sie betreffen zwar primär die CSU, damit verbunden aber natürlich auch die Union insgesamt." Aber auch der Zustand der CDU bewegt ihn: "Ich komme noch aus einer Zeit, als die CDU in Baden-Württemberg mal über 50 Prozent hatte. Das schmerzt einen."

Die Politik brauche wieder mehr Gefühl: "Manche politische Eliten, manche Anhänger des Bildungsbürgertums, glauben, dass Politik nur Ratio ist, sich Gefühle nur mit Fakten bekämpfen lassen", erklärt er. Verlorenes Vertrauen gewinne man aber mit Emotionen zurück. Auch abseits der Politik ist Stoiber aktiv. Eine große Leidenschaft gehöre dem Fußball. "Ich bin ja länger beim FC Bayern München als bei der CSU", sagt er und übt sich in bajuwarischer Bescheidenheit. Bayern München und Bayern hätten den gleichen Weg eingeschlagen: "Wir haben vom unteren Mittelplatz eine Top-Position erreicht."

Quelle: ntv.de, Marco Hadem, dpa

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