Taliban: Straftaten irrelevant Erste abgeschobene Afghanen schon wieder frei
06.09.2024, 17:48 Uhr Artikel anhören
In Kabul wurden die Straftaten der Abgeschobenen neu beurteilt.
(Foto: IMAGO/Kyodo News)
Erstmals seit drei Jahren erfolgte wieder ein Abschiebeflug nach Afghanistan. In Kabul angekommen, werden die Straftäter auf freien Fuß gesetzt - gegen eine kuriose Auflage.
Ende August werden erstmals seit der Machtergreifung der Taliban vor drei Jahren wieder Menschen aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben. Bei den 28 Abgeschobenen handelt es sich um verurteilte Straftäter, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen. Entgegen Berichten, die Straftäter würden den Rest ihrer Haftstrafe in Afghanistan verbüßen, sollen die Ersten nach Worten eines hochrangigen Taliban-Funktionärs bereits wieder auf freiem Fuß sein.
Zunächst seien die Personen überprüft worden, sagte Suhail Schahin, Leiter des Taliban-Politbüros in der katarischen Hauptstadt Doha. "Sie wurden freigelassen, nachdem ihre Familien schriftlich versichert hatten, dass sie keine Straftaten begehen würden", sagte der Vertreter.
Das berichtete auch die ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf auf X. Die Frage, wie die Taliban mit den 28 nach Afghanistan abgeschobenen Straftätern verfahren werden, sei heftig diskutiert worden, schreibt sie. "Einige der Männer wurden jetzt nach Auskunft der Taliban auf freien Fuß gesetzt. Ihre Straftaten seien in Afghanistan nicht relevant, heißt es."
Auch die WDR-Journalistin Arezao Naiby zeichnete bei X ein ähnliches Bild. Unter Berufung auf die BBC, die mit 9 der 28 Abgeschobenen ein Interview geführt haben soll, hätten die Taliban gar nicht die Absicht, die Straftäter zu inhaftieren. Stattdessen würden die Personen "bald ihren Familienangehörigen oder Verwandten übergeben werden".
Berichte, denen zufolge die Straftäter in einem berüchtigten Gefängnis untergebracht worden sind, bestätigten Vertreter der Taliban bislang nicht. "Was die Inhaftierten betrifft, so werden sie unter Berücksichtigung der von ihnen begangenen Straftaten und ihrer Vorstrafen nach dem Gesetz untersucht und behandelt werden", erklärte er.
Nach dem ersten Abschiebeflug hoffen die Taliban sogar direkte Verhandlungen mit Berlin. "Es liegt im Interesse beider Völker und Länder, dass Deutschland und Afghanistan sich weiter engagieren und ihre historischen Beziehungen wieder aufnehmen", sagte ein hochrangiger Taliban-Funktionär.
Laut dem Nachrichtensender Al-Dschasira vermittelte für die Abschiebung das Golfemirat Katar zwischen der deutschen Regierung und den Taliban-Machthabern. Deutschland unterhält zu den Taliban in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Bisher hat kein Land weltweit die Regierung der Islamisten offiziell anerkannt. Die Gruppe ist insbesondere wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert.
Quelle: ntv.de, mba/dpa