In Kilis leben mehr Syrer als Türken "Es gibt nur eine Lösung"
25.10.2015, 11:56 Uhr
Kilis: Im Container-Camp an der türkisch-syrischen Grenze sollen bald 25.000 Menschen leben. Doch auch das wird nicht reichen.
(Foto: REUTERS)
Süleyman Tapsiz hat einen schweren Job. Der Gouverneur von Kilis muss die ärmste der 81 türkischen Provinzen verwalten. Und die liegt auch noch an der Grenze zu Syrien. Durch Flüchtlinge explodiert die Einwohnerzahl. Migration beschränken will er trotzdem nicht.
n-tv.de: Wie hat sich die Bevölkerungszahl von Kilis verändert?
Süleyman Tapsiz: Betrachtet man die gesamte Provinz, leben in Kilis noch mehr Türken als Syrer. Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs hat sich die Einwohnerzahl der Stadt Kilis durch Menschen aus Syrien aber mehr als verdoppelt.
Ist es derzeit möglich, alle Syrer zu versorgen?
Anfangs zeichneten sich drei Hauptprobleme ab: die Unterbringung, die Bildung und die Gesundheitsversorgung. Wir versuchen, die Probleme zu lösen.
Wie weit sind Sie?
Wir haben keine Probleme mehr im Gesundheitssektor. Natürlich bieten wir allen Syrern eine kostenlose medizinische Versorgung an. Aber wir haben nicht genügend Schulen. Wir möchten, dass syrische Kinder lernen. Sie sollen nicht auf der Straße betteln. Wir würden uns wünschen, dass europäische Länder und internationale Hilfsorganisationen hier neue Schulen bauen. Wir haben auch nicht genug Wohnraum. Wir sehen uns gezwungen, Menschen in andere Regionen umzusiedeln.
Wie reagiert die Bevölkerung auf die große Zahl an Flüchtlingen?
Die Hälfte der Türken sieht die Anwesenheit von Syrern negativ, die andere Hälfte hat eine positive Einstellung. Es gibt Menschen, die von der Anwesenheit der Syrer profitieren. Menschen, die Häuser vermieten zum Beispiel. Die Preise sind gestiegen. Andere leiden darunter. Es hält sich die Waage.
In Deutschland fordern etliche Bürgermeister und einige Ministerpräsidenten, eine Obergrenze für Flüchtlinge einzuführen. Wollen auch Sie Einwanderung begrenzen?
Als Folge der russischen Operationen in der Gegend Idlib und südlich von Aleppo fliehen viele Menschen. Einige auch in Richtung Kilis. Bisher konnten wir noch nicht viele neue Einreisen registrieren, aber wenn sich die Angriffe in die Gegenden nördlich von Aleppo und in Grenznähe verlagern, werden wir viele weitere Einreisen registrieren.
Sie sprechen sich nicht für Obergrenzen aus. Haben Sie angesichts humanitärer Probleme, die solche Höchstzahlen mit sich bringen, Tipps für deutsche Bürgermeister und Minister?
Wir schicken doch alle Flüchtlinge nach Europa! (lacht) Nein. Was ich Europa sagen möchte ist, dass es nur eine Lösung gibt, und die heißt, Schutzzonen in Syrien zu errichten, in denen Menschen sicher vor Luftangriffen und Bomben leben. So schaffen wir es, dass die Leute nicht in die Türkei und nicht nach Europa kommen.
Mit Süleyman Tapsiz sprach Issio Ehrich
Quelle: ntv.de