Strengere Vorgaben für Bauern Insektenschutz kommt per Gesetz
24.06.2021, 22:11 Uhr
Experten warnen, dass Lebensräume von Bienen und Hummeln in Gefahr sind.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Bienen und viele andere Insekten sollen auf Feldern und Wiesen besser leben können. Doch ein Gesetzespaket steckte monatelang fest - jetzt besiegelt die Koalition es auf den letzten Metern vor der Wahl.
Zum Schutz bedrohter Insekten sollen künftig strengere Vorgaben für die Bauern beim Pestizid-Einsatz auf Äckern und Wiesen greifen. Darauf zielt ein Gesetz von Umweltministerin Svenja Schulze, das der Bundestag nach jahrelangem Ringen in der Koalition nun beschlossen hat.
So müssen besonders geschützte Gebiete ausgedehnt und auch Probleme mit nächtlichen hellen Lichtquellen als "Insektenfallen" verhindert werden. Zum Paket gehören weitere Regeln für einen Ausstieg aus dem umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat. Landwirte sollen einen zusätzlichen Millionen-Ausgleich für höheren Aufwand bekommen. "Wer heute die Insekten schützt, sichert die Landwirtschaft von morgen", sagt Schulze. Insekten seien Bestäuber und auch eine Art "natürliche Müllabfuhr". Durch einen enormen Schwund bei ihrer Anzahl und Vielfalt drohen diese Leistungen aber verloren zu gehen. Und industrielle Landwirtschaft sei bisher eine der wichtigsten Ursachen des Insektensterbens.
Schrittweises Ende für Glyphosat
Direkt die Landwirte betrifft eine Verordnung, die Agrarministerin Julia Klöckner als zweiten Teil des Pakets beisteuert - mit Vorgaben für Pflanzenschutzmittel. Stimmt der Bundesrat am morgigen Freitag zu, dürfen sie nahe größeren Flüssen und Seen grundsätzlich nur mit mindestens zehn Metern Abstand eingesetzt werden. Bei dauerhaft begrünten Uferstreifen gelten fünf Meter Abstand. In bestimmten Schutzgebieten sollen Unkrautbekämpfungsmittel verboten werden, wobei es Ausnahmen etwa für den Obst- und Weinbau geben soll.
Vorgesehen sind auch Regeln zu einem schrittweisen Ende für Mittel mit dem Wirkstoff Glyphosat. Zuerst soll die Anwendung in Gärten und Kleingärten, Parks und Sportplätzen verboten und auf den Äckern stark eingeschränkt werden. Komplett Schluss damit sein soll dann ab dem 1. Januar 2024. Dies orientiert sich daran, dass die EU-Genehmigung für Glyphosat Ende 2022 ausläuft, es dann aber noch Übergangsfristen zum Verkauf gibt. Je nach Entscheidung auf EU-Ebene könne eine Überprüfung der Regelungen erforderlich sein, heißt es im Entwurf.
Bauern protestieren gegen die Pläne, nachdem auch schon beim Düngen strengere Vorgaben gekommen waren. Auf den Äckern bedeuten die Beschränkungen größeren Aufwand fürs Unkrautbeseitigen etwa per Pflug. Der Bund will daher zusätzlich 65 Millionen Euro zweckgebunden für Höfe anbieten, die deshalb Mehrkosten haben. "Mit dem jetzigen Paket honorieren wir verlässlich das Engagement der Landwirte für mehr Insektenschutz", sagt Klöckner. Insgesamt 250 Millionen Euro stünden dafür über ein Bund-Länder-Programm bereit. Sichergestellt werde auch, dass Bauern Schädlinge, die Ernten bedrohen, weiter bekämpfen könnten.
Dass Handlungsbedarf besteht, machte das Umweltministerium klar: Das Ausmaß des Insektensterbens sei "dramatisch und hinreichend wissenschaftlich belegt" und auch kein lokales Phänomen. Dabei hätten Wespen, Hummeln und Co. wichtige Funktionen - neben der Bestäubung etwa beim Zersetzen pflanzlichen und tierischen Materials und als Nahrung für andere Tiere. Studien zeigten besondere Bestandsrückgänge bei Vögeln, die in der Brutzeit kleine Insekten und Spinnen fressen. Dabei bekennen sich auch die Landwirte zum Ziel des Insektenschutzes, wie Bauernpräsident Joachim Rukwied deutlich machte. Er mahnte dabei jedoch an: "Wir setzen auf Kooperation anstatt von Verboten."
Die Umweltorganisation WWF nannte das Insektenschutzpaket einen ersten wichtigen Schritt, es brauche aber mehr. Die nächste Regierung müsse Lebensräume weiter verbessern, etwa durch bessere Biotop-Vernetzung.
Quelle: ntv.de, sbl/dpa