Ende nach 18 Jahren Linksfraktion im Bundestag beschließt Auflösung
14.11.2023, 14:43 Uhr Artikel anhören
Die Linksfraktion im Bundestag hatte sich 2005 gegründet.
(Foto: picture alliance/dpa)
Für die Partei ist es eine Zäsur: Nach dem Abgang von Sahra Wagenknecht und ihrer Unterstützer verfehlt die Linksfraktion die notwendige Mindestgröße. Die Auflösung der Fraktion ist nun beschlossene Sache. Mehr als 100 Mitarbeiter verlieren ihren Job.
Die Linksfraktion im Bundestag hat ihre Auflösung zum 6. Dezember beschlossen. Dies teilten Fraktionsmitglieder in Berlin mit. Hintergrund ist der Austritt der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und neun weiterer Abgeordneter aus der Partei die Linke. Ohne sie verliert die Linksfraktion ihre Mindestgröße von 37 Abgeordneten und muss liquidiert werden. Für die Linke ist es ein tiefer Einschnitt und für das Parlament sehr ungewöhnlich.
Es wird erwartet, dass nun zwei neue parlamentarische Gruppen entstehen: die verbliebenen 28 Linken-Abgeordneten einerseits und Wagenknecht mit ihren Unterstützern andererseits. Man werde darauf hinarbeiten, das so schnell wie möglich umzusetzen, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch vor der Fraktionssitzung. Es sei "kein schöner Tag, aber gleichwohl die Chance für einen Aufbruch". Eine Gruppe hat im Vergleich zu einer Fraktion etwas weniger parlamentarische Rechte und bekommt auch weniger finanzielle Unterstützung aus der Staatskasse. Zur Zulassung einer Gruppe und zur Bestimmung von deren Rechten braucht es einen Bundestagsbeschluss.
"Die Linke ist nicht tot, aber es liegt an uns, ob wir einen Aufbruch hinkriegen", sagte Bartsch am Morgen im ZDF. Mit der "lähmenden Selbstbeschäftigung" und mit Streit müsse es vorbei sein. Er forderte die Linke auf, "zurück zur Politik" zu kommen. Das Land brauche "offensichtlich" eine "soziale Opposition von links". Bartsch kündigte außerdem an, dass die "Frage des besonderen Engagements für die neuen Länder" wieder eine größere Rolle bei der Linken spielen solle.
Liquidation kann Jahre dauern
Politisch ist es für die Linke ein tiefer Einschnitt. Die Linksfraktion hatte sich 2005 gegründet, ein Zusammenschluss der Abgeordneten der ehemaligen PDS und der damals neuen WASG. Beide Parteien fusionierten dann 2007 zur Linken. Nun spaltet sie sich wieder. Wagenknecht möchte Anfang 2024 eine Konkurrenzpartei gründen. Ihr Verein "Bündnis Sahra Wagenknecht" bereitet dies vor und sammelt schon Spenden.
Dass sich eine Bundestagsfraktion während der laufenden Legislatur auflöst, ist neu. Solche "Liquidationen" gab es bisher nur nach Wahlniederlagen. 2013 wurde die FDP-Fraktion im Bundestag liquidiert, als sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. 2002 durchlief die Linken-Vorgängerin PDS bereits einmal ein solches Verfahren. Damals schafften nur zwei Direktkandidatinnen den Sprung in den Bundestag.
Weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Räume und Verträge gekündigt werden müssen, kann eine Liquidation Jahre dauern. Die Gründung der neuen parlamentarischen Gruppen kann aber schon vorher beginnen. Sie brauchen Unterstützung der übrigen Fraktionen im Ältestenrat und im Plenum. Übergangsweise werden die bisherigen Mitglieder der Linksfraktion wohl als Einzelabgeordnete im Bundestag sitzen.
Die Linksfraktion erhielt nach Angaben des Bundestags 2022 rund 11,5 Millionen Euro staatlicher Zuwendungen und hatte Personalausgaben von rund 9,3 Millionen Euro. Die Fraktion muss nun allen 108 Mitarbeitern kündigen. Einige von ihnen könnten bei den beiden neuen Gruppen einen Job finden.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa/AFP