Wegen versuchten Staatsstreichs Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro zu 27 Jahren Haft verurteilt
11.09.2025, 23:03 Uhr Artikel anhören
Bolsonaro steht bereits seit Anfang August unter Hausarrest.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro muss für viele Jahre ins Gefängnis. Die Mehrheit der Richter am Obersten Gerichtshof spricht ihn wegen seiner Putsch-Pläne schuldig. Das für Brasilien historische Urteil wollen die Anwälte des Verurteilten anfechten.
Brasiliens früherer Präsident Jair Bolsonaro ist wegen eines versuchten Staatsstreichs zu mehr als 27 Jahren Haftstrafe verurteilt worden. Die Mehrheit der fünfköpfigen Kammer des Obersten Bundesgerichts (STF) sprach den 70-Jährigen schuldig, wie die TV-Live-Übertragung zeigte. Damit ist Bolsonaro der erste Präsident Brasiliens, der nach seiner Amtszeit wegen eines Umsturzversuchs verurteilt wurde. Der Ex-Präsident selbst war nicht persönlich auf der Anklagebank erschienen. Seit Anfang August befindet er sich wegen Verstößen gegen Auflagen im Hausarrest. Das Urteil war ursprünglich für Freitag angesetzt gewesen.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft und der Richter hatte Bolsonaro nach seiner Wahlniederlage Ende 2022 mit Militärs und Verbündeten einen Staatsstreich gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva geplant. Ziel sei es gewesen, einen Ausnahmezustand zu verhängen und Neuwahlen durchzusetzen - allerdings habe Bolsonaro die Unterstützung der Militärführung nicht gewonnen. Am 8. Januar 2023, wenige Tage nach Lulas Amtsantritt, stürmten Anhänger des Rechtspolitikers den Kongress, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast in Brasília. Auch wenn Bolsonaro an diesem Tag nicht selbst in Brasilien, sondern in den USA war, wirft ihm das Gericht eine indirekte Beteiligung an den Geschehnissen vor.
Bolsonaros Anwälte wiesen die Vorwürfe im gesamten Verfahren zurück. Nach dem Schuldspruch kündigten sie an, in Berufung zu gehen. Die verhängte Haftstrafe von mehr als 27 Jahren sei "absurd überhöht und unverhältnismäßig", hieß es einer Erklärung, die Bolsonaro-Berater Fabio Wajngarten im Onlinedienst X veröffentlichte. Die Verteidigung werde die Urteilsbegründung prüfen und "entsprechende Rechtsmittel einlegen, auch auf internationaler Ebene", hieß es weiter.
"Das war kein Sonntag im Park"
Richter Moraes bezeichnete Bolsonaro als "Anführer einer kriminellen Organisation" und führte detailliert zahlreiche Belege für die versuchte Umsturzplanung auf. Dazu zählten unter anderem öffentliche Angriffe auf das Wahlsystem, geheime Ministertreffen, Besprechungen mit Botschaftern und Entwürfe eines Umsturzdekrets sowie die gewalttätigen Ausschreitungen vom 8. Januar. "Das war kein Sonntag im Park, kein Ausflug nach Disneyland", sagte Moraes bezüglich des Sturms auf Regierungsgebäude.
Neben Bolsonaro wurden mehrere hochrangige Militärs und ehemalige Kabinettsmitglieder verurteilt, darunter Ex-Verteidigungsminister Paulo Sérgio Nogueira, Marinechef Almir Garnier und Bolsonaros damaliger Sicherheitsberater Augusto Heleno. Ihnen wurden unter anderem versuchter Staatsstreich, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und die Beschädigung denkmalgeschützter Gebäude zur Last gelegt.
Brasilien ist stark polarisiert zwischen Anhängern des linken Präsidenten Lula und den Unterstützern seines rechten Vorgängers Bolsonaro. Viele sehen das Strafverfahren als politisch motiviert, andere als Beweis für die Stärke der Institutionen. Nach Einschätzung von Experten könnten die kommenden Wochen von Protesten geprägt sein.
Quelle: ntv.de, jpe/mau/dpa/AFP