Mangelnde Zurückhaltung? Ministerium plant bereits Familiennachzug
09.01.2018, 11:01 Uhr
Bis zu 60.000 Menschen könnten nach Deutschland nachreisen, sollte der Stopp beim Familiennachzug im März enden.
(Foto: imago/Winfried Rothermel)
Der Familiennachzug gilt als Streitpunkt in der Sondierungsrunde. Union und SPD suchen für den auslaufenden Nachzugs-Stopp noch nach einer neuen Regelung - das Auswärtige Amt plant trotzdem schon mal für den Ernstfall Mitte März.
Das Auswärtige Amt bereitet schon jetzt die Wiederaufnahme des umstrittenen Familiennachzugs für bestimmte Flüchtlinge ab Mitte März vor. Das berichtet die "Neue Osnabrücker Zeitung" (NOZ). Allerdings sei das Thema derzeit noch Gegenstand der Sondierungsgespräche von Union und SPD über eine Regierungsbildung - eine Einigung ist dazu bisher nicht bekanntgeworden.
"Die Visastellen der hauptsächlich betroffenen Botschaften und Generalkonsulate nehmen derzeit Terminwünsche entgegen und registrieren sie", schreibt das Auswärtige Amt in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion, die der "NOZ" vorliegt. Die Betroffenen können bei einem Termin ein Nachzugsvisum beantragen. Termine dürfte es aber erst in einigen Monaten geben.
Konkret geht es um Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus wie Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien; anders als andere Flüchtlinge können sie ihre engste Familie derzeit nicht nachholen. Die Aussetzung des Nachzugs ist bis Mitte März befristet. Die Union möchte den Nachzug auch danach aussetzen, die SPD nicht. Das Ministerium weist darauf hin, dass die Vorbereitungen entsprechend der geltenden Rechtslage und mit Blick auf das Fristende laufen. Antragsteller würden entsprechend beraten.
Union kritisiert Vorgehen des Außenamts
Bei der Union stieß das Vorgehen des Außenamtes auf Kritik. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, sagte der Zeitung: "Der nur geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel sollte es mit Blick auf die Sondierungsverhandlungen tunlichst vermeiden, Fakten zu schaffen." Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sagte, er sehe zwar "gute Chancen auf eine zügige Einigung im Sinne eines behutsamen, gesteuerten und gestaffelten Familiennachzugs mit Härtefallregelungen, wie es so auch schon führende SPD-Innenpolitiker formuliert haben". Das Außenamt solle sich aber noch zurückhalten: "Deshalb sollte das AA ausgerechnet jetzt nicht zündeln."
Wie viele Menschen durch den Familiennachzug nach Deutschland einreisen können, kann nur geschätzt werden. Das Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung rechnet mit 50.000 bis 60.000 Familienangehörigen, die nachreisen. Solche Zahlen werden von der Bundesregierung aber eher als Potenzial eingestuft. Genaue Werte, wie viele Anträge letztlich eingehen werden, können auch sie nicht liefern, da Datengrundlage fehlt. Informationen zum Familienstand der Schutzberechtigten oder Sozialdaten werden nur stichprobenartig erhoben.
Quelle: ntv.de, mba/dpa