Geld aus finsteren Quellen Petry wirft AfD vor, korrumpiert worden zu sein
16.06.2021, 10:02 Uhr
Frauke Petry sitzt seit 2017 als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
AfD-Spitzenpolitiker wie Jörg Meuthen und Alice Weidel sind ins Lager des Rechtsextremen Björn Höcke übergelaufen, nachdem sie Geldspenden eines einschlägigen Milliardärs erhalten hätten, sagt Ex-Parteichefin Frauke Petry. Hinter den illegalen Spenden sieht sie ein System.
Die frühere AfD-Vorsitzende Frauke Petry hat ihrer ehemaligen Partei vorgeworfen, illegale Parteispenden angenommen zu haben. Die Geldgeber hätten zudem den politischen Kurs der Partei bestimmt, schreibt Petry in einem Buch, aus dem t-online vorab einen Auszug veröffentlicht hat.
Vor allem den "Netzwerken" des in der Schweiz lebenden deutschen Milliardärs August von Finck junior sowie seinem Unternehmen Degussa Goldhandel wirft Petry vor, die Abgrenzung zum Extremismus zu unterlaufen, indem sie konservative Projekte finanzieren und so auch inhaltlich Einfluss nehmen.
"Geld in der Größenordnung von Millionen fließt selten, ohne dass der Geldgeber Einfluss darauf nimmt, wie das Geld verwendet wird - und zwar gerade dann, wenn es illegal fließt", schreibt Petry. "Heute weiß ich: Seit Jahrzehnten tauchen bei politischen Projekten rechts der Union immer wieder Finck, Degussa und damit verbundene Netzwerke auf. Man kann sich nur schwer rechts der Union politisch engagieren, ohne auf dieses Einflussnetzwerk zu treffen."
Ein abgekartetes Spiel?
Petry war eine der Gründungsvorsitzenden der AfD. Sie führte die Partei zunächst gemeinsam mit Bernd Lucke, der nach einem Machtkampf mit ihr 2015 aus der AfD austrat. Danach teilte Petry sich die Parteiführung mit dem heutigen AfD-Chef Jörg Meuthen. Sie selbst trat 2017 aus der Partei aus und gehört dem Bundestag seither als fraktionslose Abgeordnete an. Zur Bundestagswahl tritt sie nicht wieder an.
Ihre Vorwürfe gegen die AfD und ihre Geldgeber enthalten Anspielungen auf Machenschaften, die leicht verschwörungstheoretisch klingen. Immer wieder misslinge der Versuch, rechts der Union eine Partei in Abgrenzung zum Extremismus aufzubauen, "trotz zahlreicher vielversprechender Versuche", so Petry. "Fast könnte man auf die Idee kommen, das eine hänge mit dem anderen zusammen."
Für ihre These führt sie ein paar Beispiele an: Meuthen habe Anfang 2016 Geld aus der Schweiz bekommen und sei zum selben Zeitpunkt zum völkischen "Flügel" übergelaufen - jener Gruppierung um den rechtsextremen AfD-Politiker Björn Höcke, der seit Jahren in der Partei den Ton angibt. Fraktionschefin Alice Weidel, derzeit gemeinsam mit Co-Parteichef Tino Chrupalla Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, habe ihre Oppositionshaltung zu Höcke im Frühjahr 2017 beendet "und erhielt ab Sommer 2017 Geld aus der Schweiz". Den gleichen Vorwurf erhebt Petry gegen den AfD-Abgeordneten im Europaparlament, Guido Reil. Auch die frühe AfD-Pressesprecherin Dagmar Metzger habe "anscheinend über unerschöpfliche Geldquellen" verfügt.
Weidel-Spende heute vor Gericht
"Wie die AfD sich den Wählern präsentierte, bestimmten nicht mehr sie als Politiker oder Abgeordnete, sondern diejenigen, die sie mit Geld korrumpierten", schreibt Petry weiter. Der ZDF-Sendung "Frontal21" und dem Recherchenetzwerk Correctiv sagte Petry: "Ich habe Kenntnis davon, dass Jörg Meuthen illegale Spendengelder von Henning Conle vorbei an den offiziellen Parteigremien in illegale Kanäle gelenkt hat, unter anderem zur Unterstützung des Social-Media-Auftritts der Partei." Conle ist ein deutsch-schweizerischer Immobilienunternehmer, dem Petry bereits früher vorgeworfen hatte, in illegale Parteispenden für die AfD verwickelt zu sein. Mit dem Geld, das über die Schweizer Goal AG geflossen sei, habe vor allem der Facebook-Auftritt der AfD zur Bundestagswahl gestärkt werden sollen. Meuthen wollte sich dem ZDF und Correctiv zufolge nicht zu Spenden von Conle äußern.
Heute befasst sich das Berliner Verwaltungsgericht mit einer AfD-Spendenaffäre um Alice Weidel. In die laut ZDF und Correctiv auch Conle verwickelt ist. Der Bundestag hatte Ende 2020 ein Bußgeld von 396.000 Euro gegen die AfD verhängt, nachdem ihr baden-württembergischer Kreisverband im Jahr 2017 insgesamt rund 132.000 Euro aus der Schweiz erhalten hatte. Dies wertete das Parlament als verbotene Annahme anonymer Spenden.
Vor Gericht geht es um die AfD-Klage gegen den Sanktionsbescheid. Die Partei argumentiert, dass es sich bei den Zahlungen um eine Direktspende an die damalige Kreisvorsitzende Weidel und nicht um eine Parteispende gehandelt habe. Außerdem seien die Spenden im Jahr 2018 an die beiden Schweizer Unternehmen zurückgezahlt worden, von denen das Geld gekommen war. Die Bundestagsverwaltung hingegen argumentiert, der Zeitraum zwischen Zuwendung und Rückzahlung sei zu groß gewesen.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP