Parlamentswahl in Bangladesch Polizei gibt Schüsse bei Oppositionsprotest ab
07.01.2024, 10:37 Uhr Artikel anhören
Bangladesch wählt am heutigen Sonntag ein neues Parlament. Die Opposition boykottiert die Wahl. Schon im Vorfeld gehen die Behörden des südasiatischen Landes massiv gegen Demonstrationen vor. Bei einem Protest feuert die Polizei nach eigenen Angaben Waffen ab.
In Bangladesch hat die Polizei bei Zusammenstößen mit der Opposition bei einem Protest gegen die laufende Parlamentswahl nach eigenen Angaben Schüsse abgegeben. Beamte hätten Waffen abgefeuert, um bis zu 60 Oppositionsmitglieder auseinanderzutreiben, die mithilfe von brennenden Reifen eine Straßensperre errichtet hätten, sagte Mokhlesur Rahman, Vizepolizeichef in der Hafenstadt Chittagong der Nachrichtenagentur AFP. "Niemand ist verletzt." Die Situation sei nun "unter Kontrolle".
In dem südasiatischen Land hatte am Morgen die Parlamentswahl begonnen. Rund 120 Millionen Menschen sind in dem südasiatischen Land mit 170 Millionen Einwohnern zur Abgabe ihrer Stimme berechtigt. Die größte Oppositionspartei, die Bangladesh Nationalist Party (BNP), boykottiert die Wahl jedoch. Sie rief die Wähler ebenfalls zum Boykott auf.
Riesiges Aufgebot an Sicherheitskräften
Die BNP und auch Menschenrechtsorganisationen werfen der zunehmend autokratisch auftretenden Regierungschefin Sheikh Hasina vor, gezielt gegen die politische Opposition vorzugehen und Tausende Kritiker festnehmen zu lassen. Beobachter gehen davon aus, dass die 76-Jährige eine vierte Amtszeit in Folge und eine fünfte insgesamt gewinnen wird. Die Wahllokale sollen um 17 Uhr (Ortszeit) schließen, mit ersten Ergebnissen wurde gegen Mitternacht gerechnet. Die Resultate werden am Montag erwartet.
Nach ihrer Stimmabgabe wandte sich die 76-jährige Hasina mit scharfen Worten gegen die Oppositionspartei. Diese sei eine "Terrororganisation", sagte Hasina vor Journalisten in der Hauptstadt Dhaka. Sie selbst versuche ihr Bestes, um "sicherzustellen, dass die Demokratie in diesem Land bestehen bleibt".
Das Aufgebot an Sicherheitskräften während der Wahl ist massiv: Rund 175.000 Polizisten und mehr als 515.000 Reservisten sind nach Angaben der Wahlbehörde landesweit im Einsatz. Schon den Monaten vor der Wahl waren die Behörden des südasiatischen Landes gegen die Opposition vorgegangen.
Repressionen gegen Opposition vor den Wahlen

Aktivisten der Oppositionsparteien protestieren vor der Wahl in Dhaka gegen die bevorstehenden Parlamentswahlen.
(Foto: picture alliance / abaca)
Die Partei und ihre Verbündeten veranstalteten im Vorfeld der Wahl große Demonstrationen. Sie forderten Hasinas Regierung auf, zurückzutreten, das Parlament aufzulösen und die Macht an eine Übergangsregierung zu geben, um faire Wahlen zu ermöglichen. Weil die Premierministerin dem nicht nachkam, stellt die BNP keine Kandidaten für die 300 Sitze im Parlament. Nach Angaben der BNP wurden ihre gesamte Führung sowie rund 25.000 weitere Politiker festgenommen. Zehntausende weitere tauchten unter. Zuvor hatte es Großdemonstrationen gegen Hasina gegeben.
Der Chef der Wahlkommission, Kazi Habibul Awal, sprach in einer im Fernsehen übertragenen Rede von Gewalt im Vorfeld der Wahl. Am Freitag wurde ein Zug in Brand gesteckt. Bei dem Feuer starben vier Menschen. Am Samstag gab es Brandanschläge auf mehrere Wahllokale. Die Polizei machte die BNP für die Vorfälle verantwortlich. Diese wiederum gab der Regierung die Schuld.
Das mehrheitlich muslimische Land erlebte in der Regierungszeit Hasinas seit 2009 einen wirtschaftlichen Aufschwung, das Durchschnittseinkommen erhöhte sich deutlich. Zuletzt machte aber die hohe Inflation vielen Menschen sehr zu schaffen. Hasina ist die Tochter des Gründervaters von Bangladesch, Sheikh Mujibur Rahman, der 1975 in einem Militärputsch zusammen mit seiner Familie ermordet wurde. Hasina überlebte, da sie zu der Zeit in Deutschland war.
Quelle: ntv.de, rwe/AFP/dpa