Angebliche Verleumdung "Putins Koch" verklagt Nawalny
23.12.2020, 12:05 Uhr
Catering-Unternehmer Prigoschin wird auch "Putins Koch" genannt, weil seine Firma für den Kreml gekocht hat.
(Foto: imago/ITAR-TASS)
Nach dem Mordanschlag auf Nawalny geht der Kampf um die Deutungshoheit weiter. Jetzt verklagt ein enger Verbündeter Putins den russischen Oppositionellen und Kremlkritiker.
Der als "Putins Koch" bekannte Catering-Unternehmer Jewgeni Prigoschin hat gegen den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny eine Klage wegen Verleumdungsvorwürfen eingereicht. Ein Moskauer Gericht veröffentlichte die Klageschrift, die sich auch gegen den engen Nawalny-Verbündeten Wladimir Milow richtet, am Dienstag auf seiner Website. Derweil publizierte die Berliner Universitätsklinik Charité, in der Nawalny nach seiner Vergiftung versorgt wurde, am Dienstag Details zu seiner Behandlung in der Fachzeitschrift "The Lancet“.
Das Gericht teilte der russischen Nachrichtenagentur Tass mit, Prigoschin fordere fünf Millionen Rubel (knapp 55.000 Euro) Schadensersatz. Der 59-jährige Prigoschin ist als "Putins Koch" bekannt, da seine Catering-Firma Concord für den Kreml gekocht hat.
In der Klage geht es um ein Video, das am 27. Oktober auf Nawalnys Kanal auf der Internetplattform Youtube veröffentlicht wurde. Darin wirft der ehemalige Vize-Energieminister und Nawalny-Verbündete Wladimir Milow dem Kläger vor, Minderjährige zur Prostitution gebracht zu haben, und beschreibt ihn als "Banditen, der für Putin alle möglichen schlechten Taten" erledige. Nawalny selbst erscheint in dem Video nicht.
Auf Anfrage der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlichte die Charité derweil den Fallbericht zum Krankheitsverlauf Nawalnys. "In der Charité wurde eine schwere Vergiftung mit einem Cholinesterase-Hemmstoff diagnostiziert", teilte die Klinik mit. Die Mediziner zeichnen in dem Artikel auf vier Seiten erstmals nach, welche Symptome das von Moskau in den 1980er Jahren entwickelte Nervengift der Nowitschok-Gruppe auslöst. Demnach fiel Nawalny in ein Koma, der Herzschlag verlangsamte sich massiv, die Körpertemperatur sank auf 34,4 und zeitweise auf 33,5 Grad Celsius, hieß es in dem Artikel, der mit Einverständnis des Patienten erschien. Russland bestreitet bis heute, dass Nawalny am 20. August in der sibirischen Stadt Tomsk vergiftet wurde. Ärzte in der Klinik in Omsk hatten dem 44-Jährigen zum Entsetzen anderer Kollegen lediglich eine Stoffwechselstörung bescheinigt.
Nawalny war im August während eines innerrussischen Fluges zusammengebrochen. Er wurde mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet, wie Institute in drei Ländern später übereinstimmend analysierten. Auch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) bestätigte den Befund. Zwei Tage später, am 22. August 2020, wurde Nawalny im Koma liegend zur Behandlung in die Berliner Universitätsklinik Charité gebracht. Der Kreml bestreitet jede Beteiligung an dem Anschlag.
Quelle: ntv.de, vpe/AFP/dpa