Wahl in Niedersachsen SPD klar vorn, CDU verliert, FDP muss zittern
09.10.2022, 18:00 Uhr
Stephan Weil dürfte Ministerpräsident bleiben.
(Foto: dpa)
Bei der Landtagswahl in Niedersachsen wird die SPD von Ministerpräsident Weil erneut stärkste Kraft. Hochrechnungen zufolge liegen die Sozialdemokraten trotz Verlusten vor der CDU mit Spitzenkandidat Althusmann. Die FDP muss um den Einzug in den Landtag zittern. Die einzigen Parteien, die zulegen, sind Grüne und AfD.
Bei der Landtagswahl in Niedersachsen ist die SPD von Ministerpräsident Stephan Weil klar stärkste Kraft geworden. Nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF liegen die Sozialdemokraten trotz Verlusten vor der CDU mit Spitzenkandidat Bernd Althusmann, der seinen Rücktritt als Landesvorsitzender erklärte.
Die Grünen steuern auf ein Rekordergebnis zu. Sie sind Weils Wunschpartner für die künftige Regierungskoalition - und den Zahlen zufolge kommt Rot-Grün auch auf eine Mehrheit der Landtagsmandate. Die AfD gewinnt ebenfalls stark und schafft ein zweistelliges Ergebnis. Die FDP sackt dagegen ab und muss um den Einzug ins Parlament bangen.
Der Wahlkampf war geprägt von den Folgen des russischen Einmarschs in die Ukraine. Im Zentrum standen die Energiekrise sowie die Sorgen vieler Bürger angesichts hoher Preise für Gas, Strom und Lebensmittel. Landespolitische Themen spielten eine Nebenrolle. SPD und CDU hatten vor der Wahl klargestellt, dass sie ihre 2017 eher widerwillig geschmiedete Koalition nicht fortsetzen wollen. Stattdessen kündigten beide Parteien an, jeweils mit den Grünen regieren zu wollen.
Vierte Schlappe für die FDP in Folge
Die Wahl in Niedersachsen war nach denen im Saarland im März sowie in Schleswig-Holstein und NRW im Mai die vierte Landtagswahl seit der Bundestagswahl im vergangenen Jahr. Im Saarland legte die SPD deutlich zu und regiert dort nun allein, weil die CDU stark verlor und Grüne und FDP zwar leicht zulegten, aber trotzdem an der Fünfprozenthürde scheiterten. In Schleswig-Holstein stürzten SPD und FDP ab, dort regiert eine sehr starke CDU und mit ebenfalls erstarkten Grünen seither ohne die Liberalen. In Nordrhein-Westfalen wiederum legten vor allem die Grünen zu, die CDU gewann leicht, SPD und vor allem FDP verloren. Dort regiert jetzt ebenfalls ein schwarz-grünes Bündnis, wie in Kiel flog die FDP auch in Düsseldorf aus der Regierung. Keine dieser Wahlen lief gut für die FDP.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki begründete das schlechte Abschneiden seiner Partei auch mit der Politik der Ampel und der Rolle der FDP darin. Ein wesentlicher Teil der FDP-Wähler in Niedersachsen fremdele nach wie vor mit der Ampel in Berlin und mit der Rolle der FDP, sagte er. Man habe in der Ampel einen guten Start hingelegt, dann sei Russlands Überfall auf die Ukraine passiert. Er erwähnte die Energieversorgung, die Inflation und die Sorge, ob der Frieden gewahrt bleiben könne. "Darauf gibt es jedenfalls bisher keine vernünftigen Antworten. Daran werden wir arbeiten müssen oder diese Ampel wird in schweres Fahrwasser kommen." Personalfragen spielten nach dieser Wahl keine Rolle, sagte Kubicki.
SPD hofft auf Rot-Grün
Die SPD sieht einen klaren Regierungsauftrag für die SPD. Die Wählerinnen und Wähler haben der SPD einen Regierungsauftrag erteilt und niemand anderem sonst", sagte Weil vor Anhängern im Landtag. "Wir haben gekämpft und wir haben heute Abend gewonnen." Er werde sich "sehr stark einmischen" in die weitere bundespolitische Diskussion, kündigte Weil an. "Wir werden auch als Land alles tun, was wir tun können." Er plane ein Sofortprogramm, um den von der Krise besonders betroffenen Gruppen zu helfen.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sagte mit Blick auf mögliche Koalitionen, er wünsche sich sehr, dass es für Rot-Grün reicht. Es sei allerdings selbstverständlich, mit allen demokratischen Parteien auch Gespräche zu führen.
Althusmann räumt Niederlage ein
CDU-Spitzenkandidat Althusmann zeigte sich enttäuscht und kündigte seinen Rücktritt als Landesvorsitzender an. Er werde dem Landesvorstand am Montag mitteilen, dass er als Landeschef nicht mehr zur Verfügung stehe, sagte er. "Das ist meine persönliche Konsequenz aus dem Wahlergebnis."
Die Wählerinnen und Wähler hätten ein "offensichtlich klares Votum" abgegeben, sagte Althusmann. Das Wahlziel, stärkste Kraft in Niedersachsen zu werden, habe die CDU nicht erreicht. "Dieses Votum nehmen wir demütig an. Die Wählerinnen und Wähler haben der SPD einen klaren Regierungsauftrag erteilt." Er gratulierte Weil und wünschte ihm viel Erfolg für die Zukunft.
Nouripour drückt FDP die Daumen
Dagegen freute sich Grünen-Chef Omid Nouripour über das voraussichtliche Abschneiden seiner Partei. "Trotz widriger Umstände" hätten die Grünen dort ihr bestes Ergebnis jemals erzielt, sagte der Co-Vorsitzende der Bundespartei. Die Grünen seien nun bereit, Verantwortung in Niedersachsen zu übernehmen. Seine persönliche Hoffnung sei, dass die FDP in den Landtag einziehe. Die Ergebnisse der AfD seien "erschreckend" für die Demokratie. Alle seien aufgerufen, dem Paroli zu bieten. Die Ampel in Berlin tue dies und arbeite vertrauensvoll zusammen.
AfD fordert Gas aus Russland
AfD-Bundeschef Tino Chrupalla begründete die Stimmengewinne seiner Partei mit der Unzufriedenheit vieler Bürgerinnen und Bürger über die Ampel. Die AfD sei die einzige Partei, die die Bundesregierung "vor sich hertreibt", sagte Chrupalla. Dass viele Wählerinnen und Wähler die AfD nur aus Protest und Enttäuschung über die anderen Parteien wählten, sieht Chrupalla nicht als Problem. Es sei wichtig, dass es eine Partei gebe, der man "seinen Protest übertragen kann".
Mit Blick auf die Inflation und die Preissteigerungen bei Energie bekräftigte der AfD-Chef die Forderung seiner Partei, die Sanktionen infolge des Ukraine-Kriegs zu beenden und "natürlich auch günstiges Gas weiter aus Russland" zu beziehen. Auch die deutschen Atomkraftwerke müssten weiterlaufen.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa