Italien "zurück im Jahr 1938" Salvini will Roma-Minderheit zählen lassen
19.06.2018, 16:53 Uhr
Italiens Innenminister Matteo Salvini schockiert mit seinen Äußerungen über Roma in Italien.
(Foto: REUTERS)
Der Regierungschef ist verärgert, die Opposition schäumt: Italiens Innenminister Matteo Salvini sorgt mit dem Vorschlag, alle Roma in Italien zählen zu lassen, für Wirbel. Im Nachhinein will er zwar alles nicht so gemeint haben - doch ein Tweet spricht Bände.
In Italien hat Innenminister Matteo Salvini mit der Forderung für Empörung gesorgt, alle Angehörigen der Roma-Minderheit zählen lassen. Der Chef der fremdenfeindlichen Lega-Partei und Vize-Ministerpräsident hatte laut mehreren italienischen Zeitungen erklärt, ein Zensus ermögliche die Ausweisung von Ausländern ohne gültigen Aufenthaltsstatus. Roma mit italienischer Staatsangehörigkeit müsse das Land "leider behalten".
Regierungschef Giuseppe Conte soll dem Minister in einem Telefonat seine Verärgerung über die Äußerungen deutlich gemacht haben. Öffentlich äußerte sich Conte aber nicht. Der Chef des Koalitionspartners Fünf Sterne, Luigi Di Maio, betonte, jeglicher Zensus eines Bevölkerungsteils auf Basis der ethnischen Zugehörigkeit verstoße gegen die Verfassung. Auch die Opposition reagierte entsetzt. "Italien ist ins Jahr 1938 zurückgefallen", erklärte die Senatorin Monica Cirinna von der sozialdemokratischen PD in Anspielung auf die Zeit des Faschismus und die Rassengesetze.
Salvini präzisierte schließlich, eine behördliche Erfassung der in Italien lebenden Roma oder eine Registrierung von Fingerabdrücken sei nicht geplant. Ihm gehe es lediglich darum, ein Bild von der Lage in den Roma-Lagern zu gewinnen. Auf Twitter ergänzte er: "Manche sprechen von einem 'Schock', warum? Ich denke auch an diese armen Kinder, die man das Stehlen und die Illegalität lehrt."
Lega gewinnt in den Umfragen
Seit seinem Amtsantritt am 1. Juni beherrscht Salvini die Schlagzeilen. So stand er in der vergangenen Woche international in der Kritik, als er das Flüchtlings-Hilfsschiff "Aquarius" mit 630 Menschen an Bord abwies und ankündigte, private Rettungsschiffe nicht mehr in italienische Häfen zu lassen. Salvinis Vorgehen bedeute "viel Propaganda und wenig praktische Folgen, aber mit einem klaren Resultat: die politische Debatte und Tagesordnung vollständig zu beherrschen", kommentierte die Zeitung "La Repubblica".
Der Koalitionspartner Fünf Sterne gerate dabei zunehmend ins Hintertreffen, obwohl er bei der Parlamentswahl fast doppelt so viele Stimmen geholt hatte wie die Lega. Salvinis Taktik geht Umfragen zufolge auf: Demnach liegt die Lega in der Wählergunst derzeit bei mehr als 25 Prozent, ein klares Plus gegenüber dem Wahlergebnis von 17 Prozent im März. Die Fünf-Sterne-Bewegung verliert derweil Stimmen.
Quelle: ntv.de, jug/AFP