Kanzler im Bundestag befragt Scholz wirft russischen Soldaten "Massaker" in Butscha vor
06.04.2022, 15:18 Uhr
Scholz beantwortete etwas mehr als eine stunde lang Fragen der Abgeordneten.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Bundeskanzler stellt sich den Fragen der Abgeordneten und die drehen sich wie erwartet um den Krieg in der Ukraine. Dazu hat Olaf Scholz zwar wenig Neues zu berichten, demonstriert aber einmal mehr die Entschlossenheit der Bundesregierung.
Die ersten Worte vor seiner Befragung gebühren dem Bundeskanzler und Olaf Scholz kommt im Bundestag umgehend auf das mit Abstand wichtigste Thema dieser Tage zu sprechen: die vielen getöteten Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha. "Russische Soldaten haben dort ein Massaker an Zivilisten verübt, darunter Kinder, Frauen und alte Menschen", sagt Scholz und stellt fest: "Die Ermordung von Zivilisten ist ein Kriegsverbrechen." Leider versäumen es die Bundestagsabgeordneten im Anschluss zu fragen, ob sich diese bedeutungsschwere Feststellung des deutschen Regierungschefs auf die Erkenntnisse deutscher und internationaler Medien stützt, die aus der Ukraine berichten, oder ob der Bundesregierung auch eigene Informationen hierzu vorliegen.
Damit bleibt es vorerst bei der Spirale gegenseitiger Vorwürfe zwischen der Ukraine und ihren Unterstützerstaaten einerseits und Russland und den Putin-Anhängern auf der anderen Seite. "Die von Russland verbreitete zynische Behauptung, es handele sich bei diesem Thema um eine Inszenierung, fällt auf diejenigen zurück, die diese Lügen verbreiten", hält Scholz fest. Dennoch hätten weitere Belege, so die Bundesregierung denn über eigene verfügt, der Debatte in Deutschland wie auch international gutgetan. Dass andererseits niemand im Bundestag, auch nicht die AfD, das russische Narrativ eines ukrainischen Täuschungsmanövers verbreitet, ist in diesen aufgeheizten Zeiten immerhin auch schon etwas.
Scholz: Flüchtlinge sind willkommen
Olaf Scholz erntet auch keinen Widerspruch zu seiner Feststellung: "Es muss unser Ziel bleiben, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt." Dazu gehöre, dass der Ukraine kein "Diktatfrieden" aufgezwungen werden dürfe. Er habe dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Gesprächen erklärt, dass allein die Ukrainer in Verhandlungen mit Russland über mögliche Zugeständnisse entscheiden. Zudem kündigt Scholz eine rasche Einigung über die Finanzierung der Unterbringungskosten für nach Deutschland geflüchtete Ukrainer an. "Ich wünsche mir, dass wir nicht eine ewig lange Diskussion über die finanziellen Fragen zwischen den verschiedenen Ebenen unseres Landes haben", sagt Scholz. Er rechne mit weiteren Flüchtlingen und diese Menschen seien willkommen.
In den Fragerunden äußern naturgemäß nur die Abgeordneten der Oppositionsfraktionen Zweifel am Kurs des Kanzlers. Die AfD fordert eine schnellere Umsetzung der angekündigten Energiepreisentlastungen, die CDU-Abgeordneten eine entschlossenere Versorgung der Ukraine mit Waffensystemen und die Linke eine Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, die die Bedürfnisse der Schwächsten in der Gesellschaft im Blick hat.
Paradigmenwechsel oder nicht?
Scholz versichert dem CDU-Politiker Johann Wadepuhl, die Bundesregierung bringe bei den Waffenlieferungen für die Ukraine "alles, was notwendig und richtig ist" auf den Weg. Scholz streitet dabei mit Wadepuhl und dessen Fraktionskollegen Jürgen Hardt, ob die Bundesregierung mit den Waffenlieferungen einen Paradigmenwechsel vollzogen habe. Wadepuhl verweist darauf, dass die große Koalition bereits 2014 Waffen an die kurdischen Peschmerga im Kampf gegen den Islamischen Staat geliefert hat, nachdem Scholz die Unionskritik an schleppenden Waffenlieferungen unter anderem mit dem Argument zurückweist, die Union habe bislang selbst Waffenlieferungen in Konfliktgebiete abgelehnt.
Den AfD-Abgeordneten hält Scholz entgegen, dass das Entlastungspaket auf dem Weg sei und ihre Forderung nach einer verlängerten Nutzung deutscher Atomkraftwerke von mangelnder technischer Sachkenntnis zeuge. "Wenn die Welt so einfach wäre, wie Sie sich in Ihrer Frage ausmalen, dann hätten wir ein sehr gutes Leben", bescheidet Scholz dem AfD-Abgeordneten Marc Bernhard. Dessen Fraktionskollegen Gottfried Curio wirft Scholz eine Inszenierung für die eigenen Social-Media-Kanäle vor, nachdem Curio von einem Verfall Deutschlands spricht "Es stimmt einfach nicht, was Sie sagen", hält Scholz dem entgegen.
Insgesamt präsentiert sich Scholz wie gewohnt: entschlossen und ohne jeden Anflug an Zweifel am eigenen Vermögen, Krieg und Krise zu bewältigen. Das am Mittwoch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorgestellte Osterpaket zeichne den Weg für eine beschleunigte Energiewende und den Ausstieg aus fossilen Energien. "Jetzt erst recht werden wir uns unabhängig machen von der Nutzung fossiler Ressourcen", sagt Scholz. "Das ist unsere Aufgabe."
Quelle: ntv.de