Proteste auf der Straße Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus - Parlament stimmt dagegen
03.12.2024, 15:42 Uhr Artikel anhören
In Südkorea geht der Präsident einen radikalen Schritt: Er ruft das Kriegsrecht für das Land aus. Der Opposition wirft Yoon Suk Yeol vor, mit dem Regime in Pjöngjang zu sympathisieren. Das Parlament sei ein "Zufluchtsort für Kriminelle geworden". Doch die Legislative stimmt dagegen.
Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol hat im Land einen Ausnahmezustand ausgerufen. In einer Fernsehansprache beschuldigte er die Opposition, mit Nordkorea zu sympathisieren und die Regierung durch staatsfeindliche Aktivitäten zu lähmen.
Er erkläre das Kriegsrecht, um Südkorea "vor der Bedrohung durch nordkoreanische kommunistische Kräfte zu schützen und die verabscheuungswürdigen pronordkoreanischen antistaatlichen Kräfte auszurotten". Das Parlament sei "ein Zufluchtsort für Kriminelle geworden, ein Hort für eine legislative Diktatur, die das juristische und administrative System lähmen und unsere liberale demokratische Ordnung stürzen will", sagte Yoon in seiner Ansprache dazu.
Nach Angaben der Nachrichtenagenturen Yonhap und Reuters hat das südkoreanische Parlament dafür gestimmt, die Verhängung des Kriegsrechts durch den Präsidenten zu blockieren. 190 von 190 anwesenden Parlamentariern stimmten für die Aufhebung des Kriegsrechts. Nach Angaben des Büros des Parlamentssprechers ist das Kriegsrecht damit aufgehoben.
Das Gebäude in Seoul war zwischenzeitlich durch die Polizei abgeriegelt worden. Einsatzkräfte drangen auch in das Parlament ein. Der Oppositionsführer Lee Jae-myung rief die Menschen dazu auf, zum Parlament zu kommen. Auf Videos in den sozialen Netzwerken sind Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und der Polizei zu sehen.
Der Präsident warf der Opposition vor, Gelder für die Kernaufgaben des Staates wie etwa die Bekämpfung der Drogenkriminalität und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zusammenzustreichen und damit einen "Zustand des Chaos bei der öffentlichen Sicherheit" zu schaffen. Das Kriegsrecht verbietet jegliche politischen Aktivitäten des südkoreanischen Einkammerparlaments mit seinen 300 Sitzen und schränkt Kundgebungen und Proteste landesweit ein. Die Medien des Landes werden unter staatliche Kontrolle gestellt.
Yoon, der seit Monaten mit sinkenden Umfragewerten zu kämpfen hat, tut sich seit seinem Amtsantritt im Jahr 2022 schwer, seine Agenda gegen das von der Opposition kontrollierte Parlament durchzusetzen. Yoons konservative Volksmacht-Partei (PPP) streitet mit der oppositionellen Demokratischen Partei (DP) über ein Haushaltsgesetz für das kommende Jahr. Der Vorsitzende der Präsidentenpartei, Han Dong-hoon, bezeichnete die Verhängung des Kriegsrechts, laut BBC, als "falsch" und versprach, diese zu blockieren.
Der Präsident hatte zuletzt Forderungen zurückgewiesen, Skandale seiner Frau und hochrangiger Regierungsvertreter betreffend unabhängig untersuchen zu lassen. Die DP berief Berichten zufolge nach Yoons Ankündigung ein Notfalltreffen ein. Die Opposition kritisierte den Schritt als Verstoß gegen die Verfassung.
Quelle: ntv.de, lme/AP/rts/DJ