Politik

"Schlagt schnell zu!" Verschwörung beschäftigt Elysée-Palast

Nicolas Sarkozy ist zurück im politischen Geschäft - wie von seinem Konkurrenten befürchtet.

Nicolas Sarkozy ist zurück im politischen Geschäft - wie von seinem Konkurrenten befürchtet.

(Foto: AP)

In Frankreich trifft sich der innerparteiliche Konkurrent von Ex-Präsident Sarkozy mit dem Generalsekretär des amtierenden Präsidenten Hollande. Er fordert Schützenhilfe von dem Sozialisten gegen seinen konservativen Rivalen. Stimmt das? Zum Teil.

Es ist ein beinahe konspiratives Mittagessen im kleinsten Kreis, Ende Juni in einem Pariser Restaurant, das jetzt im Mittelpunkt einer gewaltigen Affäre steht. Frankreichs konservativer Ex-Premier François Fillon trifft den Generalsekretär des Elysée-Palastes, Jean-Pierre Jouyet, einen engen Vertrauten des sozialistischen Präsidenten François Hollande, und einen gemeinsamen Bekannten. Rund fünf Monate später erschüttert dieses Gespräch Fillons Partei UMP und den Elysée-Palast: Denn der Oppositionspolitiker soll die Staatsspitze gegen seinen innerparteilichen Konkurrenten Nicolas Sarkozy angestachelt haben.

François Fillon (Bild) steht unter Druck - aber auch Francois Hollandes Generalsekretär Jean-Pierre Jouyet.

François Fillon (Bild) steht unter Druck - aber auch Francois Hollandes Generalsekretär Jean-Pierre Jouyet.

(Foto: REUTERS)

Was genau wurde bei dem Mittagessen im eleganten achten Pariser Bezirk unweit des Elysée-Palasts besprochen, wer hat was gesagt, wer lügt und wer sagt die Wahrheit - seit einigen Tagen halten diese Fragen Frankreich in Atem. Auslöser ist ein Buch von zwei Investigativ-Journalisten der renommierten Tageszeitung "Le Monde". Darin heißt es, Fillon habe Jouyet dazu aufgefordert, Druck auf die Justiz auszuüben, um die Ermittlungen gegen Ex-Staatschef Sarkozy in zwei Finanzaffären zu beschleunigen.

"Schlagt schnell zu! Schlagt schnell zu!" wird Fillon in dem Buch zitiert. "Jean-Pierre, es ist dir doch bewusst: Wenn ihr nicht schnell zuschlagt, dann lasst ihr ihn zurückkommen." Zu dem Zeitpunkt hatte der 2012 abgewählte Sarkozy noch nicht sein politisches Comeback gegeben. Inzwischen aber ist der in zahlreiche Skandale verstrickte Ex-Staatschef in die Politik zurückgekehrt, er schickt sich an, 2017 den Elysée-Palast zurückzuerobern.

"Fillongate" oder "Jouyetgate"?

Auch Fillon, unter Sarkozy fünf Jahre lang Premier, hat Ambitionen auf das höchste Amt im Staat. Die "Parteifreunde" liefern sich hinter den Kulissen einen erbitterten Kampf - doch drängte Fillon wirklich die sozialistische Staatsspitze dazu, die Justiz gegen Sarkozy scharf zu machen? Wandte er sich an den politischen Gegner, um den innerparteilichen Konkurrenten auszuschalten?

Fillon bestreitet all dies, kündigte Verleumdungsklagen gegen die "Le Monde"-Journalisten an. Sein Ansehen ist aber schwer beschädigt durch die Affäre, von französischen Medien in Anlehnung an den Watergate-Skandal schon als "Fillongate" bezeichnet.

"Fillongate" wird aber zunehmend zu einem "Jouyetgate". Denn der Generalsekretär des Elysée-Palasts stellte sich zunächst hinter Fillon, unter dem er 2007 und 2008 trotz seiner Nähe zu Hollande Europa-Staatsekretär war. Er erklärte, es sei bei dem fraglichen Mittagessen nicht um die Affären im Zusammenhang mit Sarkozy Wahlkampffinanzen 2012 und der UMP gegangen.

Am Sonntag vollzog er die Kehrtwende: Tatsächlich sei über die Affären gesprochen worden, erklärte Jouyet. Er habe aber deutlich gemacht, dass die Präsidentschaft sich nie in die Angelegenheiten der Justiz einmischen würde.

Generalsekretär sprach mit Autoren

Brisant ist indes auch, dass Jouyet mit den Autoren des Enthüllungsbuches gesprochen hat - und die druckten in "Le Monde" Auszüge der aufgenommenen Unterhaltung ab. Demnach zitierte Jouyet den Ex-Premier mit den besonders belastenden Worten "Schlagt schnell zu". Fillon bezichtigte Jouyet deswegen der "Lüge" - und drohte ihm ebenfalls juristische Schritte an.

Die konservative Opposition fordert bereits einen Rücktritt Jouyets. Sogar aus Hollandes Umfeld ist zu hören, dass die Affäre den 60-Jährigen schwer geschwächt hat. Sollte der Generalsekretär der Präsidentschaft gehen müssen, wäre das eine bittere Pille für den ohnehin schon höchst unpopulären Hollande, der den einstiegen Studienfreund erst im April in die Spitzenposition im Elysée-Palast befördert hatte.

Großer Profiteur der Affäre ist die rechtsextreme Front National (FN) von Marine Le Pen, denn die Glaubwürdigkeit der Sozialisten und der Konservativen nimmt weiteren Schaden. Die Affäre sei "Gift" für die Linke wie für die Rechte, sagt Frédéric Dabi vom Meinungsforschungsinstitut Ifop. "Und wir wissen, wer davon profitiert."

Quelle: ntv.de, rpe/AFP

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