Hamburg & Schleswig-HolsteinExperte: Ratten keine Gefahr für Fledermäuse in Bad Segeberg

Eulen und Katzen sorgen für mehr Unruhe unter Fledermäusen in Bad Segeberg als Ratten. Was Überwachungskameras in der Kalkberghöhle alles enthüllen, überrascht sogar Experten.
Bad Segeberg (dpa/lno) - Eine Ratte fängt eine Fledermaus im Flug und tötet sie: Ein Video dieses scheinbar einmaligen Verhaltens aus der Bad Segeberger Kalkberghöhle hat sich in den vergangenen Wochen in den sozialen Medien weit verbreitet. Matthias Göttsche, der das Fledermausmonitoring in Schleswig-Holstein leitet, kennt die Hintergründe der Aufnahmen, die bereits aus dem Jahr 2020 stammen und jetzt im Rahmen einer Studie veröffentlicht wurden.
Rattenpopulation erfolgreich bekämpft
Damals habe es eine Rattenpopulation am Kalkberg gegeben, die aber schnell und erfolgreich bekämpft worden sei, sagte Göttsche der dpa. Für den Fall eines neuen Auftretens von Ratten werden Wildkameras und Prüfköder eingesetzt. Die Kalkberghöhle in Bad Segeberg ist mit rund 30.000 Tieren das größte Überwinterungsquartier für Fledermäuse in Nordmitteleuropa.
Eulen stören Fledermausvorkommen
Größere Gefahren als von Ratten gehen für Fledermäuse von Eulen aus. Das Ein- und Ausfliegen der kleinen Säugetiere kann die Aufmerksamkeit von Waldkäuzen auf sich ziehen, die sich dann am Einflugloch postieren und Fledermäuse abfangen. Das Problem sei dabei weniger der Verlust einzelner Exemplare als die Reaktion der Masse. "Es ist die Anwesenheit des Jägers", sagte Göttsche. Die Fledermäuse meiden dann den betroffenen Ort. "Da ist der Vermeidungseffekt größer als der Fresseffekt."
Auch Katzen können Fledermäusen gefährlich werden
In den 1990er Jahren waren Katzen am Kalkberg ein großes Problem. Sie postierten sich an dem nur mit Brettern abgedeckten Entdeckungsloch der Höhle, das Fledermäuse benutzten, und töteten viele Tiere. "Das ist deren Jagdtrieb. Sie fangen mehr als sie zum Sattwerden bräuchten." Das Problem wurde gelöst, indem Einflugkabinen aufgebaut wurden. Heute werden zusätzlich grobmaschige Netze an Wegen flach über dem Boden aufgespannt. Unter diese können Katzen zwar gehen, aber sie können nicht mehr springen, um Fledermäuse im Flug zu erbeuten.
Nach Göttsches Angaben ist die Kalkberghöhle in Bad Segeberg die am besten überwachte Überwinterungsstätte ihrer Art für Fledermäuse in Deutschland. Die Einfluglöcher sind seit mehr als 30 Jahren mit Lichtschranken überwacht. Zusätzlich zu der Lichtschrankenzählung befinden sich in den Einflugbereichen Infrarotvideokameras, mit denen die Fledermäuse störungsfrei beobachtet werden können. Künftig sollen die Aufnahmen dabei helfen, die Vorkommen der verschiedenen Fledermausarten besser unterscheiden zu können.
Technik hilft beim Erkennen von Störungen
Die Technik hilft aber auch, Besuche und Störungen von anderen Tieren zu beobachten. "Wir bekommen sehr viele Bewegungen in und an der Höhle mit, beobachten und greifen dann ein, wenn es naturschutzfachlich für den Fledermausschutz notwendig ist", sagte Göttsche. So habe man kürzlich die völlig neue Entdeckung gemacht, dass an zwei Tagen ein Iltis in der Höhle war.
Auch in anderen Fledermausquartieren, z.B. am Fledermausbunker in Hohenlockstedt (Kreis Steinburg) werden Maßnahmen gegen Jäger ergriffen. So sollen schräge Bleche an den Einfluglöchern verhindern, dass sich Waldkäuze dort zum Landen festkrallen können.