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Rheinland-Pfalz & SaarlandUnterhaken statt verhaken: Naturschutz wird neu aufgestellt

22.05.2023, 11:32 Uhr
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(Foto: Thomas Frey/dpa)

Rheinland-Pfalz soll künftig Naturschutzstationen bekommen. Mit einer neuen Struktur im Naturschutz sollen auch Konflikte zwischen kommunalen Vertretern, Landwirtschaft und Naturschützern weniger werden. Freiwillige helfende Hände braucht es aber weiterhin.

Mainz (dpa/lrs) - Eine neue Struktur soll den Naturschutz in Rheinland-Pfalz stärken und Naturschützer, Landwirte und Vertreter der Kommunen in den Regionen dauerhaft an einen Tisch bringen. Konkret sollen Naturschutzstationen entstehen, nach bisherigen Vorstellungen eine für zwei bis drei Landkreise, die Naturschutzmaßnahmen organisieren und auch Fördergelder etwa von Bund oder EU beantragen. Das Konzept für diese Stationen wird bis Ende 2025 der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) entwerfen, eine entsprechende Vereinbarung unterzeichneten DVL und das Land am Montag in Mainz.

Umweltministerium Katrin Eder (Grüne) sprach von der größten strukturellen Veränderung im Naturschutz der vergangenen Jahrzehnte. Bisher gibt es in Rheinland-Pfalz das System des Naturschutzmanagements unter anderem mit einer Vertragsnaturschutzberatung und mit vom Land beauftragten Biotopbetreuern als Ansprechpartner für Bürger und Verwaltung.

Im bisherigen System wurden die Aufgaben laut Ministerium von externen Partnern wie etwa Landschaftsplanungsbüros wahrgenommen und alle sechs Jahre neu ausgeschrieben. Nun sollen die Aufgaben von Trägerstrukturen in den Regionen übernommen werden, die sich selbst gründen und ihre Aufgaben in Abstimmung mit dem Land definieren.

Der Plan sieht vor, dass erste Modell-Naturschutzstationen 2024 und 2025 an den Start gehen. Wie der DVL erläuterte, werde dies voraussichtlich zumeist in Form eines eingetragenen Vereins organisiert sein, der offen für alle Privatpersonen oder Verbände sei.

Von 2026 an sollen einzelne Stationen in einen Regelbetrieb gehen gemäß dem dann fertigen DVL-Konzept, danach folgt der schrittweise Aufbau weiterer Stationen. Der DVL hält in Rheinland-Pfalz zehn Jahre für realistisch, bis die neue Struktur flächendeckend steht. Die einzelnen Naturschutzstationen sollen sich thematische Schwerpunkte setzen können gemäß den jeweiligen Bedürfnissen in der Region.

"Das Engagement der Menschen, die seit Jahren engagiert Naturschutz betreiben, kann in den neuen Strukturen mehr Wirksamheiti entfalten", sagte Umweltministerin Eder. Allerdings stehe im Naturschutz auch ein Generationswechsel an, und es sei schwer, Ersatz für die im Naturschutz vor Ort aktiven Menschen zu finden. Mit der neuen Struktur werde Naturschutz dauerhaft regional verankert, die Stationen könnten auch Träger für Drittmittelprojekte sein. Eine Stärkung des Naturschutzes sei nötig, um die "lebenswichtige Biodiversität" in Rheinland-Pfalz zu erhalten.

Die Vorsitzende des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege, Maria Noichl, sagte, oft gebe es Konflikte zwischen kommunalen Vertretern, Landwirtschaft und Naturschützern. Mit dem nun angedachten Prinzip eines kooperativen Naturschutzes sollten diese Akteure sich regelmäßig an einem Tisch austauschen und für alle Seiten tragbare Kompromisse finden. Feindbilder sollten so abgebaut werden. "Nicht mehr verhaken, sondern unterhaken", sei das Grundprinzip.

Mit der stärkeren Institutionalisierung des Naturschutzes soll auch gewährleistet werden, dass mit einem Generationswechsel der Aktiven vor Ort nicht unnötig viel Wissen verloren geht.

Ihr Verband werde ein Konzept mit rheinland-pfälzischer Färbung erstellen, kündigte Noichl an. Der Tourismus sei als ein weiterer denkbarer Schwerpunkt in den Stationen denkbar.

Der 1993 als Verein gegründete DVL mit Sitz im mittelfränkischen Ansbach ist nach eigenen Angaben der Dachverband von rund 190 Landschaftspflegeorganisationen in Deutschland mit einer Drittelparität aus Vertretern der Landwirtschaft, des Naturschutzes und der Kommunalpolitik, die sich gemeinsam für den Erhalt von Kulturlandschaft und von regionaler Vielfalt einsetzen wollen. Der DVL hat schon mehrere Bundesländer bei der Entwicklung neuer Strukturen für den Naturschutz begleitet. Die Vorsitzende Noichl aus dem bayerischen Rosenheim sitzt als SPD-Abgeordnete im Europäischen Parlament.

Quelle: dpa

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