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Rheinland-Pfalz & SaarlandWie Unternehmen Energie sparen

07.04.2023, 09:02 Uhr
Hinweisschilder-fuer-Leitungsverlauf-einer-Erdgasleitung
(Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Ze)

Vor dem Winter hing das bedrohliche Wort der Energieknappheit oder gar der Gasmangellage wie ein Damoklesschwert über der Wirtschaft. Auch Firmen in Rheinland-Pfalz haben daraufhin Energie eingespart - und dabei auch auf kreative Ideen der Mitarbeiter gesetzt.

Ludwigshafen/Ingelheim (dpa/lrs) - Der russische Angriff auf die Ukraine hat die Frage der Energieversorgung in den Fokus gerückt - entsprechend haben auch die rheinland-pfälzischen Unternehmen aus Sorge vor einem Mangel an Strom und Gas ihre Sparbemühungen weiter intensiviert. Firmen wie der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim, der Chemie-Riese BASF oder der Weißblechhersteller ThyssenKrupp Rasselstein setzten dabei zumeist auf eine Mischung aus Optimierungen in der Produktion, weniger Beleuchtung, etwas niedrigere Raumtemperaturen und erneuerbare Energiequellen.

Wie groß der Energiebedarf großer Industriestandorte sein kann, zeigt das Beispiel des BASF-Stammsitzes in Ludwigshafen. Der Erdgasverbrauch dort betrug 2022 nach Unternehmensangaben etwa 24 Terawattstunden (TWh), der Strombedarf ungefähr 5,3 Terawattstunden. Eine Terawattstunde entspricht einer Milliarde Kilowattstunden. Der Erdgasverbrauch des Unternehmens entspricht damit dem von acht bis neun Millionen Vier-Personen-Haushalten.

Um Gas zu einzusparen, wurden nach BASF-Angaben etwa Basis-Chemikalien auf dem Weltmarkt gekauft, anstatt sie selbst in Ludwigshafen herzustellen - beispielsweise Ammoniak. Darüber hinaus wurde mehr Strom importiert und technische Optimierungen in der Produktion vorgenommen - eine Anlage zur Herstellung des wichtigen Zwischenprodukts Acetylen zum Beispiel arbeitet nun nicht mehr mit Gas, sondern mit Ethan.

Ein wichtiger Baustein im Energiekonzept der Ludwigshafener ist auch eine möglichst enge Verknüpfung von Anlagen. Im Grunde geht es darum, dass die bei der Produktion abfallende Wärme für den Betrieb anderer Anlagen genutzt wird. Um den Erdgasverbrauch am Standort vor dem Winter 2023/2024 weiter zu reduzieren, läuft bei BASF eine Umrüstung von zwei Turbinen auf einen sogenannten bivalenten Betrieb mit Gas und Heizöl in den Kraftwerken.

Und nicht zuletzt wurde bei der BASF in der Heizsaison die Temperatur in allen Gebäuden, soweit technisch möglich, gesenkt, wie eine Sprecherin mitteilte. Ausgenommen gewesen seien Messwarten und Produktionsgebäude. Der Chemiekonzern setzte beim Energiesparen auch auf Ideen seiner Mitarbeiter - und die reichten von Vorschlägen zu effizienterer Beleuchtung bis hin zu einer verbesserten Steuerung von Lüftungsanlagen.

Auch Boehringer Ingelheim griff beim Energiesparen auf Ideen von Beschäftigen zurück, das Unternehmen richtete extra ein Ideenportal ein. Auch bei dem Pharmaunternehmen wurde die Temperatur in Produktions- und Bürogebäuden gesenkt, einzelne Bürogebäude wurden geräumt, Mitarbeiter auf andere Häuser verteilt. Es sei mit leichteren Verpackungen gearbeitet worden, was Energie beim Transport spare. Zudem sei die Beleuchtung im Logistikzentrum in Ingelheim und in Lagern auf das Nötigste beschränkt worden - auch das von der Autobahn 60 sichtbare Boehringer-Logo blieb länger als sonst dunkel. Schließlich wurden dank verbesserter Abläufe in der Produktion Stand-by-Zeiten oder Leerlauf-Phasen bei Maschinen verringert.

"Die von uns getroffenen Vorkehrungen haben uns gut durch den Herbst und Winter gebracht", teilte Sprecherin Kristin Jakobs mit. Auch sei mit Notfall- und sogenannten Backup-Plänen für alle Standorte gearbeitet worden. Das Werk am Stammsitz Ingelheim hatte demnach im Jahr 2021 einen Energiebedarf von 403 Gigawattstunden - ein Viertel davon Strom -, wobei eine Gigawattstunde einer Million Kilowattstunden entspricht. Schon jetzt werde 70 Prozent des Bedarf durch eigens produzierten Strom abgedeckt, dieser Weg werde 2023 fortgesetzt.

Der Standort Ingelheim habe den Vorteil, dass Teile des Werkes bereits über ein Biomasse-Kraftwerk ohne Gas versorgt werden könnten. Ein neues, leistungsstärkeres Biomassekraftwerk soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen. Außerdem wurde am Standort eine Photovoltaik-Anlage gebaut, die in Kürze den Betrieb aufnehmen wird.

Von Daimler Truck mit seinem großen Lkw-Werk in Wörth hieß es, der Verbrauch an Erdgas werde "durch eine Kombination von Einsparungs- und Substitutionsmaßnahmen" weiter verringert. Maschinen und Anlagen würden so programmiert, dass sie weniger Energie verbrauchen. Es seien Schaltzeiten von Beleuchtungs- und Lüftungsanlagen optimiert worden, konventionelle Leuchtmittel seien durch LED-Technik ersetzt worden. Außerdem werde die eigene Energieproduktion durch den Bau zusätzlicher Photovoltaik-Anlagen ausgebaut.

In den deutschen Werken von Mercedes-Benz Trucks in Wörth, im hessischen Kassel sowie in Gaggenau und Mannheim in Baden-Württemberg habe im Herbst die Montage der neuen Anlagen begonnen, bis Mai 2023 sollten diese nach und nach ans Netz gehen. Außerdem sei seit Beginn der Heizperiode die Temperatur in Büros und Produktionshallen um zwei Grad Celsius gesenkt worden, in den Sommermonaten werde die Klimatisierung in Büros reduziert.

In der Weißblech-Herstellung bei ThyssenKrupp Rasselstein in Andernach basierten ebenfalls viele Energiesparmaßnahmen auf Ideen aus der Belegschaft, wie das Unternehmen mitteilte. Auch hier wurde die Temperatur in Büros und Hallen heruntergefahren. Grundsätzlich habe das Unternehmen schon 2011 ein Energiemanagementsystem aufgebaut.

"Aufgrund der Energiekrise hat das Unternehmen zusätzliche Energiesparmaßnahmen ergriffen", teilte Sprecherin Carmen Tschage mit. Aktuell verbrauche ThyssenKrupp Rasselstein pro Jahr so viel Erdgas wie 35.000 Haushalte zum Heizen benötigten. Nach und nach solle Erdgas durch grünen Wasserstoff ersetzt werden. Dazu liefen vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Forschungsprojekte an Öfen.

Quelle: dpa

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