"Traurigkeit von beiden Seiten"Red-Bull-Ikone Marko erklärt überraschendes Formel-1-Aus

Als Förderer von Sebastian Vettel und Max Verstappen ist Helmut Marko eines der Gesichter des erfolgreichen Red-Bull-Projektes in der Formel 1. Mit 82 Jahren tritt der Österreicher jetzt unmittelbar nach dem spannenden Finale der Saison 2025 ab. Im Gespräch mit RTL/ntv und sport.de erklärt er, warum.
Red Bull ohne Helmut Marko - für viele Formel-1-Fans unvorstellbar, für jüngere Zuschauer ein gänzlich unbekanntes Bild. 20 Jahre lang zog der meinungsstarke Österreicher für den Rennstall seines 2022 verstorbenen Freundes und Red-Bull-Gründers Dietrich Mateschitz die Strippen. Als mächtiger Chefberater sprach Marko bei allen Entscheidungen des Teams ein gewichtiges Wort mit, besonders in der Entwicklung der RB-Nachwuchstalente hatte der Grazer den Hut auf. Sebastian Vettel und Max Verstappen gingen durch Markos harte Schule, sind heute viermalige Formel-1-Weltmeister.
Einen Tag, nachdem sich die Wege von Red Bull und Marko offiziell getrennt haben, hat der 82-Jährige in einem exklusiven Interview mit RTL/ntv und sport.de über die Hintergründe seines Abgangs gesprochen. "Ich hatte stark gehofft und geglaubt, dass wir diesen fünften WM-Titel schaffen werden", kommentierte Marko die hauchdünne Niederlage seines Schützlings Max Verstappen im WM-Duell mit Lando Norris in Abu Dhabi. Zwei Punkte fehlten dem Niederländer, nachdem er im Saisonverlauf mehr als 100 Punkte Rückstand aufgeholt hatte.
Er habe sich danach mit Verstappens Renningenieur Gianpiero Lambiase "gegenseitig getröstet" und in diesen bitteren, emotional aufgeladenen Sekunden eine Entscheidung getroffen, so Marko: "Das war irgendwie der Punkt, an dem ich gesagt habe, das ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören."
Red Bull startet ohne Marko und Horner in neue F1-Ära
Marko widersprach damit zugleich Berichten, Red-Bull-CEO Oliver Mintzlaff habe ihn zum Rückzug gedrängt, damit der langjährige Häuptling bei dessen geplantem Umbau des Rennstalls nicht im Weg steht. Das sei "keineswegs" so gewesen, stellte der Österreicher klar. "Ich hatte am Montag in Dubai ein Treffen mit Oliver Mintzlaff. Da habe ich meinen Wunsch geäußert und nach einigen Diskussionen hat er das akzeptiert, denn ich hätte ja noch einen Vertrag bis 2026 gehabt." Red Bull und er seien "im Guten auseinandergegangen".
Seinem F1-Ziehsohn Verstappen habe er den Entschluss am Tag nach dem Saisonfinale am Telefon mitgeteilt, verriet Marko. "Er hat sachlich reagiert, hat das Revue passieren lassen. Er hat erwähnt, was wir erreicht haben, dass er sich das - wie ich auch nicht - nie und nimmer gedacht hätte. Aber er hat akzeptiert, dass dies eine persönliche Entscheidung von mir ist. Es war eine gewisse Traurigkeit von beiden Seiten vorhanden."
Marko gilt neben Vater Jos als entscheidender Förderer in der Karriere Max Verstappens, beide pflegten eine enge, loyale Beziehung. Als der Österreicher im vorigen Jahr im Zuge eines internen Machtkampfs mit dem damaligen Teamchef Christian Horner plötzlich zur Disposition stand, drohte Verstappen gar mit Rücktritt - Marko blieb. Verstappen habe aber nicht versucht, ihn noch umzustimmen, so der Le-Mans-Sieger von 1971, der für das B.R.M-Team damals auch an neun F1-Rennen teilgenommen hatte: "Die Entscheidung war da ja schon gefallen."
Ohne Horner und Marko startet Red Bull Racing damit ohne die prägenden Figuren seiner ersten 21 Jahre in der Formel 1 in die neue Ära, die 2026 beginnt. Erstmals stellt der Rennstall neben dem Auto auch den Motor selbst her, wenn auch dafür Ford als Kooperationspartner in die Königsklasse zurückkehrt. Sollte mit diesem Schritt das Ende der erfolgreichen Zeiten einhergehen, könnte Verstappen das Team womöglich ebenfalls verlassen.
Kommt Sebastian Vettel zurück?
Marko betonte, im Motorsport keine Rolle oder Position mehr zu übernehmen. "Es ist ein totaler Rückzug. Aber bei dem ein oder anderen Grand Prix kreuze ich vielleicht auf als neutraler Besucher", sagte er. Für ihn sei es "eine Erleichterung, dass ich nicht im Jänner schon wieder in irgendeinen Flieger steigen muss".
Marko geht nicht davon aus, dass seine Position als Chefberater bei Red Bull neu besetzt wird. "Ich nehme eher an, dass das auf mehrere Personen aufgeteilt wird." Gefragt, ob Sebastian Vettel einen Teil seiner Funktionen übernehmen könne, antwortete Marko: "Meine Vorstellung ist nicht relevant. Das alles wird Red Bull entscheiden und soweit ich weiß, gibt es viele Namen, aber noch keine Entscheidungen."
Der 82-Jährige hatte Vettel in der Vergangenheit als potenziellen Nachfolger für sich bei Red Bull genannt. Auch der viermalige Weltmeister signalisierte durchaus Interesse an einer Funktionärs-Rolle in der Formel 1, allerdings ohne konkret zu werden oder ein baldiges Engagement anzustreben.