"Beschämendste Zeremonie" "Sündenbock" verdirbt WM-Dominatoren den Triumph
18.02.2024, 09:24 Uhr
Geschockt von der eigenen Leistung: Vetle Sjaastad Christiansen.
(Foto: IMAGO/CTK Photo)
Acht von neun Podestplätzen in Einzelwettbewerben - die Norweger sind die großen Favoriten auf den Staffel-Triumph bei der Biathlon-WM. Doch dann versagen dem Schlussläufer die Nerven. Er ist völlig schockiert von sich selbst.
Das letzte Schießen der Männer-Staffel über 4x7,5 Kilometer bei der Biathlon-WM in Nove Mesto ist für Norwegens Schlussläufer Vetle Sjaastad Christiansen zum Albtraum geworden. Nach einem völligen Blackout des 31-Jährigen war die sicher geglaubte Goldmedaille für sein Team dahin.
Mit einem Vorsprung von mehr als einer Minute kam Schlussläufer Christiansen zum letzten Schießen. Doch dort versagten dem 31-Jährigen die Nerven. Satte drei Strafrunden musste er kurz vor dem Ende des Rennens absolvieren - und bot der Konkurrenz damit die ungeahnte Chance auf den Titel.
Schwedens Sebastian Samuelsson nutzte den Aussetzer eiskalt aus, traf alle seine Schüsse ins Schwarze und holte den Sieg. Norwegen, dessen Athleten in den Einzelwettbewerben acht von neun möglichen Podestplätzen einfahren konnten, musste sich mit Silber begnügen. Bronze gewann das Quartett aus Frankreich, für das deutsche Team mit Justus Strelow, Johannes Kühn, Philipp Nawrath und Benedikt Doll blieb mit Rang vier nur der Platz neben dem Podest.
Nach dem Debakel sagte Christiansen beim norwegischen Fernsehen TV2: "Ich übernehme die Rolle des Sündenbocks." Er ergänzte: "Manchmal werden wir zu Helden, manchmal zu Sündern. Das ist der Reiz des Spitzensports. Heute war ich an der Reihe."
Der Norweger versuchte, Erklärungen für sein Fiasko zu finden. "Ich habe mich heute unglaublich fit gefühlt", betonte er. Dadurch sei er schneller gelaufen, als er eigentlich sollte. Am Schießstand habe er seinen Atem dann zu lange angehalten. "Es gab ein gewisses Sauerstoffdefizit", so Christiansen. "Es gab kein Zurück mehr, als ich anfing zu zittern."
"Nur Gold war gut genug"
Seine Teamkollegen waren sichtlich und hörbar unzufrieden, wollten ihren Teamkameraden aber nicht zum Schuldigen erklären: "In diesem Sport kann alles passieren. Es ist aber schrecklich, wenn wir so weit vorne liegen", sagte Johannes Thingnes Bö bei TV2. Der Dominator verpasste durch Christiansens Patzer das 20. WM-Gold seiner Karriere - er hätte sonst zu Landsmann und Rekordweltmeister Ole Einer Björndalen aufgeschlossen. Dieser Erfolg könnte ihm noch im Massenstart (16.30/ZDF und Eurosport) gelingen.
Bös Bruder Tarjei meinte: "Wir sind natürlich enttäuscht, nur Gold war gut genug." Ganz so sah es Christiansen laut "VG" zwar nicht, aber: "Es ist die beschämendste Medaillenzeremonie, an der ich je teilgenommen habe. Silber ist grundsätzlich gut, aber es hat einen extremen Beigeschmack, das muss ich zugeben."
Sturla Holm Laegreid betonte: "Wir waren die Favoriten und machen daher keinen Hehl daraus, dass Gold heute das Ziel war. Ich war selbst mit meiner Leistung unzufrieden. Es gab zwei Athleten, die das lieferten, was sie sollten, und zwei, die unterdurchschnittlich lieferten."
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Bei den heimischen TV-Experten sorgte der Christiansen-Bock für Kopfschütteln. "Ich bin ein wenig schockiert über das, was passiert ist. Es war ein Zusammenbruch, mit dem keiner von uns gerechnet hatte. Das war einfach schockierend", urteilte Langlauf-Legende Petter Northug. Björndalen kommentierte: "Das ist das Wildeste, was ich je erlebt habe."
Quelle: ntv.de, ara/sport.de