Fußball

Ein Profi, kein Romantiker Ishak Belfodil - Brecher aus der Banlieue

Ishak Belfodil trifft in der Rückrunde konstant für Hoffenheim. Dabei verlief sein Start nicht besonders gut.

Ishak Belfodil trifft in der Rückrunde konstant für Hoffenheim. Dabei verlief sein Start nicht besonders gut.

(Foto: imago images / Jan Huebner)

Unter anderem Olympique Lyon, FC Bologna, FC Parma, Inter Mailand, Standard Lüttich und Werder Bremen: Ishak Belfodil hat mit seinen 27 Jahren viel erlebt. So gut wie mittlerweile bei der TSG Hoffenheim lief's aber selten. Ein Treuebekenntnis zum Klub vermeidet der Torjäger dennoch.

Ab und zu kickt Ishak Belfodil noch mit seinen alten Freunden in Elancourt. Dabei gilt der Pariser Vorort nicht unbedingt als idealer Platz für Freizeitaktivitäten. Gewalt, Drogenhandel und Kriminalität jeder Art sind in der 25.000 Einwohner zählenden Banlieue an der Tagesordnung. Den Stürmer des Bundesligisten TSG Hoffenheim, der in den vergangenen fünf Partien mit sieben Toren und vier Vorlagen glänzte, zieht es dennoch immer wieder an den Ort seiner Jugend zurück. "Ich hatte hier eine schöne Kindheit, auch wenn wir nicht viel besaßen", sagte Belfodil dem TSG-Magazin "Spielfeld": "Die Kinder aus dem Viertel und ich haben ständig Fußball gespielt, wir hatten viel Spaß. Auch wenn es dort Leute gab, die aufgrund von Armut, Arbeitslosigkeit und fehlender Perspektive auf dumme Gedanken gekommen sind."

Diese Sorgen plagen die Familie Belfodil aufgrund des Erfolgs von Ishak längst nicht mehr. Und dennoch leben die Eltern des gebürtigen Algeriers mit den drei Schwestern und zwei Brüdern nach wie vor in Elancourt. Die Familie will aus dem arabisch und afrikanisch geprägten Ort nicht weg. Und auch der TSG-Profi ist nach wie vor gerne gesehen. "Wenn ich zurückkomme, bin ich kein Star", betonte Belfodil. Die alten Kumpels "freuen sich für mich, dass ich es geschafft habe", äußerte der 27-Jährige: "Für sie fühlt es sich dadurch ein bisschen so an, als hätten sie es auch geschafft."

Profistationen von Belfodil
2009–2012Olympique Lyon

10 (0)

2012FC Bologna (Leihe)

8 (0)

2012–2013FC Parma

33 (8)

2013–2014Inter Mailand

8 (0)

2014AS Livorno (Leihe)

17 (0)

2014–2015FC Parma

23 (1)

2015–2016Baniyas SC

23 (11)

2016–2017Standard Lüttich

25 (11)

2017–2018Werder Bremen (Leihe)

26 (4)

2018–TSG 1899 Hoffenheim

24 (15)

Um den Durchbruch zu schaffen, ging Belfodil früh auf Reisen. Mit 16 Jahren brach er zu einer Odyssee auf. Lyon, Bologna, Parma, Mailand, Abu Dhabi, Lüttich, Bremen - das waren die Stationen des Stürmers, bevor er in Hoffenheim landete und einen Vertrag bis 2022 unterschrieb. 5,5 Millionen Euro hat die TSG im vergangenen Sommer für Belfodil an Standard Lüttich überwiesen, zuvor hatten die Belgier ihn an Werder ausgeliehen. Heidelberg ist die aktuelle Heimat von Belfodil, der fünf Sprachen spricht. Am Neckar wohnt er mit seiner Frau und den beiden Kindern.

Doppeltes leisten für gleiche Chancen

Doch wohin Belfodil in der Vergangenheit auch immer reiste - der  Antrieb für die Anstrengungen lag immer in Elancourt. "Ich wusste, dass ich außerhalb meines Viertels das Doppelte leisten muss, um die gleichen Chancen zu haben", sagte der wuchtige Angreifer, für den mittlerweile 15 Saisontore zu Buche stehen: "Hinzu kommt, dass man nicht nur an sich denkt, sondern an die ganze Familie, die viele ärmere Mitglieder hat."

Und obwohl sich Belfodil bei der TSG "sehr wohl" fühlt, hält er deshalb nichts von Treueschwüren: "Es ist normal, dass man sich mit jedem Angebot auseinandersetzt", äußerte der algerische Nationalspieler: "Die Fußball-Romantik habe ich schon lange verloren." Romantische Gefühle fehlten bei Belfodil auch in seiner Anfangszeit in Hoffenheim, wo er unter anderem wegen einer verpassten Videositzung aus dem Kader für das erste Spiel in der Champions League bei Schachtjor Donezk geworfen wurde.

Mittlerweile schwärmt Trainer Julian Nagelsmann aber von seinem "Krokodil", das in den vergangenen Wochen sogar zwei Tore (Schiedsrichter-Fehler und Abstauber von Sturmkollege Andrej Kramaric kurz vor der Torlinie) geklaut bekam. "Es ist normal bei uns, dass Neuzugänge ein bisschen Zeit brauchen. Im Winter war er nicht ganz zufrieden. Wir haben ihm zur Geduld geraten", sagte Nagelsmann: "Nun ist seine Bilanz außergewöhnlich. Mittlerweile können seine Mitspieler seine Qualitäten besser einschätzen. Er hat außergewöhnliche Fähigkeiten beim Eins-gegen-Eins, läuft sich im richtigen Moment frei. Er hat Tempo und ist eklig zu verteidigen."

Quelle: ntv.de, Alexander Sarter, sid

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