Prognose von LBBW-Chefvolkswirt Auch Deutschland droht Verlust des Top-Ratings
15.08.2023, 10:43 Uhr Artikel anhören
"Deutschland wird die Topnote 'AAA' daher mittel- bis langfristig verlieren", sagt Kraemer von der LBBW.
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Nach dem wochenlangen Streit um seinen Haushalt hat eine weitere Rating-Agentur den USA Anfang August die Top-Bonität entzogen. Ein ähnliches Schicksal könnte laut Chefvolkswirt Kraemer von der LBBW auch Deutschland drohen. Die Folgen einer Herunterstufung wären allerdings überschaubar.
Nach den USA droht auch Deutschland seine Topbonität bei internationalen Gläubigern einzubüßen. Das prognostiziert Moritz Kraemer, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und langjähriger Chefanalyst für Länderratings bei der weltgrößten Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P). Deutschland habe lange von seinem Exportmodell gelebt, sagte Kraemer dem Wirtschaftsmagazin "Capital". Doch das sei jetzt vorbei. Hinzu komme der demografische Wandel. "Deutschland wird die Topnote 'AAA' daher mittel- bis langfristig verlieren." Die Bundesrepublik ist eines von neun Ländern auf der Welt mit einer Höchstbewertung.
Die Folgen einer Herunterstufung wären Kraemer zufolge allerdings überschaubar: "Das würde kein Erdbeben auslösen, selbst wenn wir zwei Stufen heruntergingen." Der Abstand zwischen den 23 Ratingsprossen verringere sich nach oben immer mehr. In der Praxis mache es kaum einen Unterschied, ob Deutschland mit "AAA" oder "AA+" bewertet werde. Es komme allerdings auch auf den Ausblick der Ratingagentur an. Eine ungünstige Prognose könnte die Finanzierungsbedingungen spürbar verschlechtern.
Die Ratingagentur Fitch hatte den Vereinigten Staaten Anfang August die begehrte Spitzenbonität entzogen. Die Einstufung wurde um einen Schritt von "AAA" auf "AA+" gesenkt. Damit zog Fitch mit dem Konkurrenten S&P gleich, der das Rating der USA bereits 2011 auf "AA+" gesenkt hatte. Die dritte Agentur, Moody's, bleibt bei der höchsten Stufe "AAA". Dennoch wird die Luft für den amerikanischen Staat am Verschuldungsmarkt damit nun etwas dünner. Denn konservative Anleger meiden gern Papiere, die nicht das beste Rating haben. Dies umso mehr, je mehr der großen Agenturen es nicht vergeben.
Fitch verwies unter anderem auf die hohe Verschuldung der USA und die wiederholten Kämpfe zwischen Republikanern und Demokraten im Kongress um den Haushalt. Steuersenkungen und Investment-Programme mit höheren Ausgaben hätten zu noch höheren Staatsschulden geführt. Fitch hatte bereits im Mai eine Rating-Absenkung in Aussicht gestellt. Mit weiterem Ungemach müssen die USA zunächst nicht rechnen: Der Ausblick wurde von Fitch auf "Stabil" gesetzt. US-Finanzministerin Janet Yellen kritisierte die Abstufung in einer ersten Reaktion als "willkürlich".
Quelle: ntv.de, jki