Wirtschaft

"Gott hat Kapitalismus erlaubt" Bill Hwang versenkt Milliarden Dollar

Für einige Banken werden die missglückten Wetten teuer.

Für einige Banken werden die missglückten Wetten teuer.

(Foto: REUTERS)

Er ist bekennender Christ, wurde wegen Insiderhandels bestraft, hat danach Milliarden verdient - und nun Milliarden vernichtet: Bill Hwang. Der berühmt-berüchtigte Investor sorgt für ein kleines Börsenbeben.

Bill Hwang sorgt wieder einmal für jede Menge Gesprächsstoff. Mit seiner Firma Archegos Capital hatte er sich viel Geld bei Banken geliehen, um riskante Wetten auf Aktien einzugehen. Das ging lange gut, auf rund 10 Milliarden Dollar wurde sein Vermögen noch vor wenigen Wochen geschätzt. Doch davon dürfte mittlerweile nicht mehr viel übrig geblieben sein.

Der Grund: Einigen Banken waren die Wetten Hwangs zu heiß geworden, da seine Aktienpakete in letzter Zeit massiv an Wert verloren hatten. Sie forderten ihn deshalb auf, mehr Sicherheiten für ihre Kredite zu stellen, mit denen er seine Zockerei finanziert hatte. Damit hatte der Investor ein Problem - er war gezwungen, schnell Aktien zu verkaufen, um flüssig zu bleiben. Da er sehr große Anteile an Unternehmen hielt, befeuerte er dadurch allerdings den Kursrutsch weiter.

Hwang konnte den Forderungen - die Margin-Calls genannt werden - nicht nachkommen. Um an möglichst viel des geschuldeten Geldes zu kommen, verkauften Banken deshalb Aktien, die ihnen als Sicherheit hinterlegt worden waren. Das kann für die Geldhäuser teuer werden. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge dürfte sich etwa der Verlust für die Credit Suisse auf mindestens eine Milliarde Dollar belaufen. Die japanische Nomura bezifferte den Fehlbetrag auf zwei Milliarden Dollar. Goldman Sachs hat derweil offenbar Aktien im Wert von zehn Milliarden Dollar verkauft, doch Medienberichten zufolge sind die Verluste für die Bank unerheblich. Auch die Deutsche Bank gab Entwarnung.

Das ändert allerdings nichts daran, dass die Liquidierung der Positionen zu einem Beben führte. Die Aktien der Credit Suisse stürzten in Zürich gestern um 17 Prozent ab - das ist der größte Tagesverlust seit dem Börsencrash vom Frühjahr 2020. Die Nomura-Anteile brachen in Tokio um 16 Prozent ein. Die Titel der Deutschen Bank gaben in Frankfurt um drei Prozent nach. Mittlerweile haben sich die Papiere zumindest teilweise wieder erholt.

Aktienkurse rauschen in den Keller

Hwang war erhebliche Wetten auf einzelne Aktien eingegangen, beispielsweise auf die Medienkonzerne Viacom und Discovery. Auch auf chinesische Firmen wie das Luxus-Unternehmen Farfetch oder den Online-Nachhilfedienst GSX Techedu. Laut dem "Wall Street Journal" gelang es ihm, durch das große Volumen seiner Zockerei, die Aktienkurse nach oben zu treiben - obwohl es mit dem Gesamtmarkt nach unten ging. Um die zehn Prozent der handelbaren Aktien von Unternehmen habe Hwang besessen.

Die Zeitung vergleicht seine Methode mit dem Reddit-Flashmob. Auf der Internet-Plattform verabreden sich Hobby-Trader, um durch gemeinsame Käufe von Aktien den Kurs nach oben zu drücken. Das hat gelegentlich durchaus Erfolg, das bekannteste Beispiel ist die Kursexplosion der Gamestop-Aktie. Ihre Schlagkraft erhöhen die Zocker, wenn sie auf spezielle Aktien setzen: Papiere, bei denen Hedgefonds auf fallende Kurse wetten. Das Ziel ist, diese Spekulanten zu zwingen, massenhaft genau diese Aktien zu kaufen, um drohende Verluste zu begrenzen - und damit den Preis weiter in die Höhe zu treiben.

Auch Hwangs Wetten gingen auf - bis sie schiefgingen. In der vergangenen Woche gab es riesige Verluste bei einer Reihe von Unternehmen, die mit Archegos in Verbindung stehen. Die Papiere ViacomCBS und Discovery stürzten alleine am Freitag jeweils um mehr als 25 Prozent ab. Die in den USA notierten Aktien des chinesischen Konzerns Baidu brachen im Laufe der Woche um rund 30 Prozent, die Papiere von Tencent Music um fast 50 Prozent ein.

Bemerkenswert ist, dass Banken mit Hwang überhaupt Geschäfte gemacht haben. Denn der Investor ist in Finanzkreisen berühmt-berüchtigt. Als Kind war der Sohn eines koreanischen Pastors in die USA gezogen. Nach dem Studium heuerte er bei einem Hedgefonds an, der zur Legende werden sollte: Tiger Management, gegründet vom Hedgefonds-Pionier Julian Robertson.

Inspiration durch die Bibel

Hwang war von 1996 bis 2000 bei Tiger tätig. 2001 gründete er mit einer Finanzspritze von Robertson seinen eigenen Hedgefonds - Tiger Asia. Die Firma war auf asiatische Aktien spezialisiert und wuchs schnell. 2007 verwaltete Hwang ein Vermögen von rund acht Milliarden Dollar - und erwirtschaftete eine Rendite von 40 Prozent.

Doch ein paar Jahre später folgte der jähe Absturz. Sein Hedgefonds verzeichnete starke Verluste, zudem gab es Ärger mit Finanz-Regulieren in Hongkong und den USA. Hwang einigte sich 2012 mit der US-Börsenaufsicht SEC gegen Zahlung von 44 Millionen Dollar darauf, die Ermittlungen wegen Insiderhandels einzustellen. Dem Manager wurde außerdem verboten, das Geld von Kunden zu verwalten. Deshalb machte er aus dem Hedgefonds ein sogenanntes Family Office, in dem er ausschließlich sein Geld und das seiner Familie investierte. Aus Tiger Asia wurde Archegos.

Hwang gelang es, ein milliardenschweres Portfolio aufzubauen. Das lag unter anderem daran, dass die von ihm gewählte Firmen-Konstruktion in den USA nur sehr wenig reguliert wird. Der Investor sieht allerdings einen anderen Grund: Sein christlicher Glaube habe ihm geholfen. "Wenn wir durch Kapitalismus, den Gott erlaubt hat, gute Unternehmen erschaffen, verbessern wir das Leben der Menschen", bekannte er. "Ich hatte wirklich große geschäftliche Probleme", sagte er bei anderer Gelegenheit. Sein vieles Geld und seine Geschäftskontakte hätten die nicht lösen können. "Aber es gab eine Sache, die ich wusste: Ich musste die Heilige Schrift lesen."

Quelle: ntv.de, mit rts

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