Ganze Branche leidet mit Credit-Suisse-Aktie stürzt auf Rekordtief
15.03.2023, 14:00 Uhr
Credit Suisse stolpert seit Jahren von einem Skandal in den nächsten.
(Foto: picture alliance/KEYSTONE)
Nach den schlechten Nachrichten aus der Bankenbranche insgesamt und speziell von der Credit Suisse in den vergangenen Tagen reicht eine Bemerkung in einem Fernsehinterview, um Aktien der Traditionsbank einbrechen zu lassen. Auch andere Geldhäuser in Europa werden in Mitleidenschaft gezogen.
Mit einer klaren Absage an finanzielle Unterstützung für die kriselnde Credit Suisse hat der größte Aktionär der Schweizer Traditionsbank den Kurssturz der vergangenen Tage noch einmal dramatisch beschleunigt. "Absolut nicht", antwortete der Chef der Saudi National Bank, Ammar Abdul Wahed Al Khudairy, in einem Interview mit Bloomberg TV auf die Frage, ob Credit Suisse frisches Kapital zur Bewältigung der aktuellen Krise erwarten könne. Dafür gebe es vielerlei Gründe - nicht nur juristische und regulatorische. Die staatliche Saudi National Bank hat die Credit Suisse Ende 2022 mit einer Kapitalspritze gestützt und hält seitdem knapp zehn Prozent der Aktien und ist damit der größte Aktionär.
Nach der Absage von Al Khudairy stürzten die Credit Suisse Aktien in Zürich um mehr als 20 Prozent auf ein Rekordtief: Die Papiere waren zeitweise nur noch knapp über 1,75 Franken (1,79 Euro) wert. Im noch jungen Jahr verloren sie damit mehr als ein weiteres Viertel an Wert, nachdem sie bereits im Vorjahr um fast 70 Prozent eingebrochen waren. 2007 hatten sie noch mehr als 90 Franken gekostet.
Dem Abwärtstrend folgten auch die Titel anderer europäischer Banken. Die Aktien des Schweizer Konkurrenten UBS verloren mehr als vier Prozent Minus. Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Banks verlor zuletzt fast sechs Prozent auf ein erneutes Tief seit Anfang Januar. Sein Jahresplus schrumpfte damit auf gut drei Prozent. Während die Titel der Commerzbank und der Deutschen Bank ihre Verluste jeweils auf mehr als sieben Prozent ausweiteten, ging es vor allem für französische Banken wie BNP Paribas auch deutlich bergab.
Die Credit Suisse kämpft unter anderem mit den Folgen des Ukrainekriegs sowie einer Reihe von Skandalen und hat im vergangenen Jahr einen Rekordverlust eingefahren. Kunden zogen mehrere Hundert Milliarden Franken an Einlagen ab. Auch für 2023 erwartet die Bank keinen Gewinn. Vor diesem Hintergrund wurde spekuliert, dass die Credit Suisse frisches Kapital aufnehmen oder vom Schweizer Staat gerettet werden könnte. Letztere Möglichkeit schloss der Verwaltungsratschef der Bank, Axel Lehmann, kategorisch aus.
Wie reagierten die Notenbanken?
Zugleich sind die Anleger alarmiert wegen des Zusammenbruchs mehrerer Banken jüngst in den USA. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Krise unter anderem der amerikanischen Silicon Valley Bank und der Credit Suisse besteht allerdings nicht. Vielmehr leitet die Credit Suisse an sich seit Jahren summierenden hausgemachten Problemen. Dazu kamen die Krisen infolge der Corona-Pandemie und des russischen Angriffs auf die Ukraine. Akut zugespitzt hatte sich die Lage, als die Bank vergangene Woche die Veröffentlichung ihres Geschäftsberichts verschieben und einräumen musste, dass ihre finanzielle Berichterstattung "wesentliche Mängel" aufweise.
Analystin Beata Manthey von der US-Bank Citigroup etwa warnte vor weiteren kurzfristigen Kursrisiken für Bankaktien, zumal Investoren im Sektor noch üppig engagiert seien. So gelten Banken als Profiteure der Zinswende, da ihnen höhere Leitzinsen zugutekommen. Entsprechend stark hatten Investoren seit Monaten auf die Branche gesetzt.
Analyst Konstantin Oldenburger vom Handelshaus CMC Markets stellt sich nunmehr die Frage, wie die EZB am Donnerstag im Rahmen ihres Zinsentscheids ihre zukünftige Geldpolitik kommuniziert - in einem Finanzmarkt-Umfeld, das "durch die ersten großen Bankenzusammenbrüche in den USA seit Lehman Brothers ziemlich unter Stress steht. Hier werden die Investoren ganz genau hinhören". Mit Blick auf die US-Notenbank gehen einige Experten bereits von einer Pause in der Zinswende im März aus, statt der bisher erwarteten kleinen Leitzinserhöhung. Damit würde die Bankenkrise auch die Inflationsbekämpfung bremsen.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa