Schweizer Parlament debattiert Credit-Suisse-Chefs sollen für Gier haften
11.04.2023, 17:35 Uhr Artikel anhören
Nichts gelernt: Der Schweizer Präsident Alain Berset auf der Sondersitzung des Parlaments in Bern.
(Foto: picture alliance/KEYSTONE)
An den Chefs der Credit Suisse lassen die Schweizer Parlamentarier bei einer außerordentlichen Sitzung kein gutes Haar. Nach der Notrettung des Instituts durch den Konkurrenten UBS wächst die Angst vor einem neuerlichen Konkurs der neu geschaffenen Riesenbank.
Die Führung der per Notrecht geretteten Schweizer Großbank Credit Suisse hat nach den Worten des Schweizer Präsidenten Alain Berset das Vertrauen in die Bank selbst zerstört. Die obersten Manager hätten nichts aus der Finanzkrise gelernt, sagte Berset in Bern zum Auftakt einer dreitägigen Sondersitzung der beiden Parlamentskammern zum Ende der Traditionsbank. Mehrere Abgeordnete gingen mit der Spitze der Großbank hart ins Gericht.
Die Bankverantwortlichen seien der Gier nach mehr Gewinn verfallen und hätten Risiken ausgeblendet, erklärte Peter Hegglin von der Partei Die Mitte in einer Sonderdebatte des Parlaments in Bern. "Eine stolze CS haben sie über die Jahre in den Ruin getrieben und sich dabei regelmäßig sehr hohe Löhne und Boni auszahlen lassen." Nach der Sitzung zum Kollaps der Fluggesellschaft Swissair und zu den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie trat das Schweizer Parlament seit der Jahrhundertwende erst zum dritten Mal zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen.
Auch die Sozialdemokratin Eva Herzog kritisierte die Bankmanager. "Die Finanzkrise von 2008 hat offenbar nicht gereicht, um den Typ Banker zum Verschwinden zu bringen, den wir mit Leonardo DiCaprio in 'The Wolf of Wall Street' genüsslich haben untergehen sehen." Sie und andere Abgeordnete forderten, den rechtlichen Spielraum für Verantwortlichkeitsklagen und Schadenersatzansprüche auszuschöpfen.
Rettungspaket über Notrecht bewilligt
Mitte März hatte die Schweizer Regierung eine Übernahme der Credit Suisse durch den Erzrivalen UBS orchestriert, um die kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehende Nummer zwei des Landes vor dem Untergang zu bewahren. Die meisten Abgeordneten räumten ein, dass die Regierung einschreiten musste, um katastrophale Folgen für die Schweizer Wirtschaft und möglicherweise auch eine erneute weltweite Finanzkrise zu verhindern. Dafür setzte die Regierung mehrere Gesetze außer Kraft.
Vor allem dank Liquiditätshilfen hat sie zusammen mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zudem bis zu 259 Milliarden Franken im Feuer. Über Kredite im Volumen von 109 Milliarden Franken können die Abgeordneten nun zwar abstimmen. Konsequenzen hat die Abstimmung aber kaum, denn die Darlehen wurden als Teil des Rettungspakets bereits von einem Ausschuss unter Notrecht bewilligt. Eine Ablehnung hätte dann nur die Wirkung einer Rüge.
Angst vor dem Abgrund durch Bankenkonkurs
Nur 15 Jahre nach der Rettung der UBS durch den Staat hat die Schieflage der Credit Suisse in dem der Bankbranche traditionell verbundenen Land Bestürzung ausgelöst. "Das ist ein Debakel, da gibt es nichts schönzureden", erklärte der Mitte-Abgeordnete Beat Rieder. Die neu formierte UBS stelle ein Klumpenrisiko für die Schweiz dar. Ähnlich äußerte sich Hansjörg Knecht von der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei. "Die Schweizer Wirtschaft und der Bund dürfen nicht Gefahr laufen, durch einen Bankenkonkurs mit in den Abgrund gerissen zu werden." Das Schicksal der Schweiz dürfe nicht an das Schicksal der UBS geknüpft werden. "Eine Aufspaltung dieser Riesenbank wäre meines Erachtens das Beste."
Zusammen kommen UBS und Credit Suisse auf eine Bilanzsumme, die rund doppelt so groß ist wie die jährliche Schweizer Wirtschaftsleistung. Diese Verantwortung könne die Schweiz nicht tragen, erklärte Thierry Burkart von der FDP. "Gerade unter diesem Gesichtspunkt tut die UBS gut daran, ihre Größe selber zu hinterfragen." Andernfalls könnte der Regulierungsdruck in der Politik zunehmen und ein Trennbanksystem mehrheitsfähig werden. Andere Politiker forderten strengere Eigenkapitalvorschriften. Experten rechnen aber nicht damit, dass einschneidende Forderungen während dieser Sondersitzung Mehrheiten finden werden. Mehrere Abgeordnete meinten, die Entwicklung müsse erst gründlich analysiert werden.
Quelle: ntv.de, mau/rts/dpa