
Der Goldpreis scheint derzeit nur eine Richtung zu kennen: nach oben. Alleine in diesem Jahr hat sich das Edelmetall um 25 Prozent verteuert. Das sind die Gründe.
Die Rekordjagd am Goldmarkt setzt sich fort. Am Morgen stieg der Preis für eine Feinunze (etwa 31,1 Gramm) auf knapp 2590 US-Dollar und damit so hoch wie noch nie. Auch in Euro gerechnet erreichte die Notierung ein Rekordhoch bei rund 2335 Euro je Unze. Alleine seit Jahresbeginn hat sich Gold damit um ein Viertel verteuert. Zur Einordnung: Der US-Standard-Aktienindex S&P 500 hat seitdem knapp 18 Prozent zugelegt.
Bereits in den vergangenen Handelstagen hatte der Goldpreis Rekordstände erreicht, seit einer Woche ist er um rund vier Prozent gestiegen. Derzeit stärkster Preistreiber ist Analysten zufolge die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA. Es gilt als sicher, dass die US-Notenbank Fed am Mittwoch die geldpolitische Wende einleitet und die Zinsen senken wird.
Vor allem reichere Menschen und institutionelle Finanzinvestoren schichten traditionellerweise Teile ihres Vermögens in Gold um, wenn die Zinsen sinken. Da Gold selbst keine Zinsen abwirft, verstärkt die Aussicht auf fallende Zinsen zum Beispiel für Staatsanleihen die Nachfrage nach dem Edelmetall.
Entscheidend sind dabei die realen Zinsen, die sich am Markt etwa mit Staatsanleihen erzielen lassen - also die nominalen Zinsen abzüglich der Inflation. Werden diese negativ, lohnt es sich, das Geld in tendenziell wertstabiles Gold zu stecken. Diese Umschichtung findet angesichts der angekündigten Zinswende in den USA derzeit statt.
Außerdem schwächen niedrigere Zinsen in den USA tendenziell den Dollar und machen damit das in Dollar gehandelte Gold für viele Anleger außerhalb der USA attraktiver, was die Nachfrage und damit den Preis stützt.
Chinesen und Inder kaufen Gold
Hinzu kommt, dass der Goldpreis in den vergangenen Monaten kräftig gestiegen ist, obwohl etwa am Anleihemarkt hohe Renditen erzielt werden konnten, und es auch für die Aktienmärkte kräftig aufwärtsging. Dazu trugen vor allem Zentralbanken bei - angeführt von der chinesischen Notenbank. Von Ende November 2022 bis zum vergangenen Juni hat sie die Goldvorräte massiv aufgestockt. Der Grund: Wie andere Schwellenländer will China seine Devisenreserven unabhängiger vom Dollar machen, der weltweiten Leitwährung. Dem World Gold Council zufolge haben Zentralbanken im ersten halben Jahr 483 Tonnen Gold gekauft. Das ist die größte Menge, seitdem der Lobbyverband diese Daten erhebt.
Doch nicht nur die Zentralbank der Volksrepublik hat sich mit Gold eingedeckt, auch Privatanleger kaufen dort. Das liegt daran, dass alternative Geldanlagen in dem Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern derzeit wenig attraktiv sind. Zum einen befindet sich der Immobilienmarkt, in den die meisten Familien ihre Ersparnisse gesteckt haben, in einer schweren Krise. Zum anderen läuft es am heimischen Aktienmarkt seit langer Zeit nicht rund. Und wegen der Kapitalkontrollen der Volksrepublik können chinesische Privatanleger nicht einfach in ausländische Märkte ausweichen.
Auch in Indien mit ebenfalls 1,4 Milliarden Einwohnern gibt es eine starke Nachfrage nach dem Edelmetall. Dort ist Gold eine traditionelle Wertanlage, zudem stockt auch hier die Notenbank ihre Vorräte auf.
Zur Goldpreis-Rally trägt auch bei, dass physisches Gold weltweit von vielen Menschen als Sicherheit in Krisenzeiten gesehen wird - der russische Angriffskrieg in der Ukraine, Israels Krieg gegen die Hamas sowie eine mögliche Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den USA und China stützen den Goldpreis.
Geht es weiter rasant nach oben? Ascan Iredi, Leiter des Portfoliomanagements beim Vermögensverwalter Plutos, ist skeptisch. "Dauerhaft wird das Gold sicher weiter steigen, aber nicht mehr in diesem Tempo", sagte er im Gespräch mit ntv. "Zumindest nicht, falls sich die Lage nicht verschärft."
Quelle: ntv.de, mit dpa