In guten und schlechten Zeiten Die Wirtschaft rettet die Welt
25.02.2023, 07:35 Uhr Artikel anhören
Die Wirtschaft baut Brücken.
(Foto: REUTERS)
Die Welt droht in Blöcke zu zerfallen. Der Krieg in der Ukraine vertieft die Gräben zwischen Ost und West. Doch es gibt eine wichtige Brücke: den Handel.
Herzlich willkommen in unserer neuen alten Welt: Der Krieg in der Ukraine hat im Rekordtempo eine sinnbildliche Mauer zwischen Ost und West eingezogen, die fast zerstört schien. Russland und China als autokratische Bösewichte gegen Europa und die USA als demokratische Heldinnen - so zumindest die farblose Darstellung mancher Journalisten, die ein schwarz-weißes Bild des Hier und Jetzt skizzieren. Nein, so einfach ist das nicht.
Fakt ist aber: Seit dem 24. Februar 2022 ist nichts mehr, wie es war. Europa verhängt angesichts des Überfalls auf die Ukraine gigantische Sanktionspakete gegen Russland. Russland verscherbelt Rekordmengen an Öl zu günstigen Preisen nach Indien. Indien dealt derweil mit Ost und West als vermeintlich neutrale Mitte - während China seine Angriffs-Drohungen gegenüber Taiwan stetig verschärft. Droht bald der nächste Angriffskrieg?
Erstmal nein, denn Taiwans bester Freund, die USA, stehen beschützend zur Seite. Apropos USA: Die "United States" kochen demnächst nur noch ihr eigenes Süppchen. Das Rezept schimpft sich "Inflation Reduction Act". Heißt übersetzt so viel wie: Globalisierung Adios! America first. Again. Und Deutschland? Die Ampel entwirft aus Sorge vor zu viel Abhängigkeit von Peking erstmal eine extra Chinastrategie. Globalisierung? Ein Auslaufmodell. "Handel durch Wandel"? War gestern. Tolle Aussichten. Drehen jetzt alle durch?
Die Antwort lautet: Nein. Und wenn Sie jetzt denken, diese Zeilen seien völlig überdreht: Ja, sind sie. Aber eine gute Story braucht bekanntlich auch ein bisschen Drama. Haken hinter. Was eine gute Geschichte allerdings noch braucht, ist ein Retter. Und auch den habe ich mitgebracht: Das Kind heißt "Wirtschaft", hat eine lange Heldenreise hinter sich und ist in diesen Zeiten der Schlüssel zum Weltfrieden.
Globalisierung ist "Showstopper"
Sie haben vielleicht schon mal von "The Hero's Journey" gehört? Ein Modell, nach dem viele erfolgreiche Hollywoodfilme gedreht werden. Mythenforscher Joseph Campbell entwarf die Theorie, der zufolge ein Held auf seiner Reise in verschiedenen Phasen extreme Situationen überwindet und durch Hilfe von Mentoren über sich hinauswächst. Also das perfekte Storytelling.
Und damit zurück zum ersehnten Weltfrieden und der "Hero's Journey" unserer heutigen Wirtschaftswelt. Das lästige Kapitalismus-Klischee hat sie längst hinter sich gelassen. Vom verruchten Image, bei dem Wirtschaftsnationen in manchen Teilen der Welt rein die Gier nach Geld unterstellt wurde, ist nicht mehr viel übrig. Stattdessen entpuppt sich die Weltwirtschaft zum einzig echten länderübergreifenden Bindeglied hier auf Erden. Wo wir auch hinschauen, überall wird an internationalen Handelsabkommen gearbeitet, die große Teile der Welt verbinden (sollen). Das größte Freihandelsabkommen der Welt "RCEP", welches 30 Prozent der Weltbevölkerung in sich vereint, ist nur ein Beispiel. Aber auch die vielen Reisen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zeigen doch deutlich: Wirtschaft baut Brücken und verbindet.
Das gilt auch für Länder, die sich politisch feindlich gegenüberstehen: Die USA brauchen China - und China braucht die USA (zumindest noch). Ja, der Graben zwischen autokratischen und demokratischen Nationen ist größer geworden. Und doch ist das Bedürfnis nach immer mehr Wohlstand der große gemeinsame Nenner, der wie ein Heiligenschein über der Erdkugel schwebt.
Die Globalisierung hat große Teile der Welt voneinander abhängig gemacht. Gott sei Dank. Was wäre hier auf Erden los, wenn es die Jahrzehnte lang aufgebauten Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und dem Westen nicht gäbe? Was würde passieren, wenn sich China aufgrund politischer Gleichgesinntheit uneingeschränkt an Russlands Seite stellen könnte, weil es wirtschaftlich nichts zu verlieren hat? Ich mag es mir nicht ausmalen.
Ja, der Ukrainekrieg hat eindeutig globales Eskalationspotential. Aber die Weltwirtschaft dient hier im positiven Sinne als "Showstopper". Nie war der Welthandel wichtiger als jetzt. Auch wenn protektionistische Tendenzen nun zunehmen: Globalisierung lässt sich nicht mal eben umdrehen.
Quelle: ntv.de