"Trump muss aufpassen" Elon Musk wird Trumps oberster "Schock-Sparer"
13.11.2024, 20:24 Uhr Artikel anhören
Donald Trump beauftragt Elon Musk mit der "Effizienzsteigerung der Regierung". Der Einzug ultrareaktionärer Silicon-Valley-Kapitalisten in Washington nimmt damit seinen Lauf. Jetzt müssen sich die Alphamänner nur noch sortieren.
Tesla- und SpaceX-Boss Elon Musk hat sein Ziel erreicht. Er ist nun alles in einer Person: Milliardär, Medienmogul und offiziell Berater der künftigen US-Regierung. Dass er in den vergangenen Monaten loyal zum republikanischen Präsidentschaftsanwärter Donald Trump stand und Milliarden in dessen Wahlkampf investierte, hat sich ausgezahlt. Wenn es gut für ihn läuft, hat der Tech-Tycoon für die nächsten vier Jahre einen heißen Draht ins Weiße Haus.

Tech-Milliardäre wie Elon Musk sind "durch die Hintertür" nach Washington" gekommen. Was bedeutet das für Amerika - und den designierten US-Präsidenten Trump?
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Als hätte er nicht schon genügend Jobs, bekommt der reichste Mann der Welt auch noch seinen Wunschjob in der Politik: Er wird Trumps schärfste Waffe gegen Geldverschwendung, überbordende Regierungsbürokratie und Regulierung. Dafür hat Trump für seinen spendablen Unterstützer sogar eigens eine neue Abteilung für "Regierungseffizienz" geschaffen. Die Leitung der neuen Sparinstitution wird sich Musk mit einem weiteren Milliardär teilen: Vivek Ramaswamy. Dieser ist nicht nur erfolgreicher Gründer eines Biotech-Unternehmens. Er trat auch bei der Präsidentschaftskandidatur der Republikaner gegen Trump an.
Dass Trump auf Musk setzt, überrascht nicht. Er sei "der Beste im Sparen", hatte der designierte Präsident im Vorfeld gesagt. Als Musk Twitter kaufte und in X umbenannte, feuerte er nicht weniger als 80 Prozent der Belegschaft. Bei einem Wahlkampfauftritt neben Trump im Oktober versprach Musk, er könne den jährlichen Staatshaushalt von 6,5 Billionen Dollar um mindestens zwei Billionen kürzen. Musk will "Schockwellen durch das System" schicken. Um ihm und seinen vollmundigen Ankündigungen in nichts nachzustehen, legte Musks neuer Partner im Amt nach: "Wir werden nicht sanft vorgehen", versprach Ramaswamy.
Beide haben eineinhalb Jahre Zeit, um die "Sümpfe" der Steuerverschwendung "trockenzulegen", wie Musk es nannte. Spätestens am 4. Juli 2026, dem 250. Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit, endet die Arbeit des Gremiums. Eine effizientere Regierung sei "das perfekte Geschenk" zu diesem Anlass, sagte Trump. Dass die neue Abteilung außerhalb der Regierung arbeiten und vor allem eine beratende Funktion bei der Überarbeitung der Bundesbehörden haben soll, ist wohl auch kein Zufall.
Es kann als kleines Zugeständnis an die Kritiker verstanden werden, die im Wahlkampf vor dem wachsenden Einfluss der Tech-Milliardäre gewarnt hatten. Ihre Sorgen zerstreut es nicht. Die neuen Tech-Milliardäre würden "zu den wichtigsten Strippenziehern in der Gesellschaft", warnt die Finanzexpertin Sandra Navidi im ntv-Interview. "Sie haben sich mit ihrer radikalen Einstellung in die Regierung eingekauft, so wie sie sich sonst in Unternehmen einkaufen."
Männer wie Musk haben "keinen Respekt vor Grenzen"
Nicht nur die offensichtliche Verquickung von politischen und unternehmerischen Interessen in der neuen US-Regierung bereitet Kritikern Sorgen. Es ist vor allem das ultrarechte Gedankengut der Tech-Milliardäre, das ihnen Kopfzerbrechen bereitet. Musk und Konsorten propagieren offen eine "Techno-Monarchie". Dabei hätten sie einen gefährlichen und nicht zu unterschätzenden Vorteil, warnt Navidi: "Sie können ihre Macht in den sozialen Medien und ihr KI-Wissen in politische Macht ummünzen." Männer wie Musk hätten "keinen Respekt vor Grenzen", warnt die USA-Expertin. Sie sieht darin eine große Gefahr für die Demokratie.
Die neuen starken Männer in Washington machen keinen Hehl daraus, dass sie bereit sind, ihre Macht auszuspielen. Eine einzige Äußerung von J.D. Vance, dem künftigen Vizepräsidenten, verrät ihrer Meinung nach, was auf Europa und den Rest der Welt zukommt: "Wenn Vance sagt, dass es keine Unterstützung mehr für die NATO geben wird, wenn Europa die Unternehmen von Elon Musk zu stark reguliert, dann ist das Erpressung und eine Verbindung von zwei Dingen, die nicht zusammenpassen", sagt Navidi.
In Washington waren die Grenzen zwischen wirtschaftlichem und politischem Einfluss noch nie so verschwommen wie heute. Noch nie lagen Macht und Geld so nah beieinander. Musks Unternehmen haben mehrere Verträge mit der US-Regierung. Das gilt unter anderem für sein Raumfahrtunternehmen SpaceX, zu dem auch das Satellitenkommunikationssystem Starlink gehört. US-Experte Julius Van de Laar schätzt in einem ntv-Interview, dass Musk jährlich bis zu 15 Milliarden US-Dollar von der Regierung erhält.
Aber nicht alle Beobachter und USA-Kenner sehen die Lage gleichermaßen düster: Hendrik Leber von Acatis lobt die positive Aufbruchstimmung: "Wenn so jemand wie Musk aus der Privatwirtschaft auf eine alte, unbewegliche Bürokratie trifft, dann ist das eine Riesenchance, die Arbeitsweise der Bürokratie komplett zu überdenken, radikal zu vereinfachen, Unnötiges wegzulassen, Personal einzusparen und mehr Ergebnisse zu erzielen. Unter diesem Gesichtspunkt finde ich das großartig."
Wer hat das Sagen im Club der Alphamänner?
Letztlich habe sich der Staat doch als unfähig erwiesen, eine gute steuernde Rolle einzunehmen, gibt Leber im Gespräch mit ntv.de zu bedenken. Wer könnte es den Unternehmern daher verdenken, dass sie "durch die Hintertür nach Washington" kämen und sich "im Staat breit machen". Dass es jemandem wie Musk ums Geld geht, glaubt er nicht. "Er ist schon reich, reicher kann man praktisch nicht werden. Es geht um das Gefühl, endlich Macht zu haben und Macht auszuüben. Das ist sein Motiv."
In Sachen Effizienz und Geld verdienen, ist Musks Bilanz passenderweise gemischt: SpaceX und Tesla gehören beide zu den wertvollsten Unternehmen der Welt. Seine neue Spar-Abteilung, die auf Englisch "Department Of Government Efficiency" heißt, abgekürzt DOGE, ist eine klare Anspielung auf seine favorisierte Kryptowährung Dogecoin (Doge). Wie bei Tesla ist auch der Kurs von Dogecoin nach Trumps Wahlsieg explodiert. Die Plattform X, die Musk im Oktober 2022 für satte 44 Milliarden US-Dollar erwarb, war dagegen im Oktober laut Schätzungen des US-Finanzkonzerns Fidelity nur noch rund 9,4 Milliarden US-Dollar wert.
Musks Wunschszenario ist eine Regierung, die "aus Alphamännern besteht, die die Gesellschaft beherrschen", wie er es formuliert. Diesem Traum ist er näher gekommen. Darüber, ob und wie diese Männer, die sich jetzt in Washington um Trump versammelt haben, in Zukunft zusammenarbeiten werden, sagt es noch nichts aus. "Wie wird Donald Trump mit Musk zurechtkommen? Wie groß wird sein Einfluss sein? Wie wird das Verhältnis der Tech-Titanen untereinander sein? Noch herrscht maximale Unsicherheit", räumt Navidi ein.
Derzeit sei nicht einmal klar, ob Trump im Club der starken Männer Oberwasser behält. "Donald Trump muss aufpassen, dass er nicht vom Silicon Valley übernommen wird", sagt Navidi. Aber auch noch ein anderes Szenario ist denkbar: Politik sei den Konzernchefs viel zu lästig, prognostiziert Leber. Er kann sich vorstellen, dass Musk - "wegen der Beharrungskräfte dieser Bürokratie" - sehr schnell die Flinte ins Korn wirft. Primäres Ziel der Milliardäre seien Steuersenkungen. Leber prophezeit: "Wenn sie gesenkt werden, haben sie keine Lust mehr."
Quelle: ntv.de