Wirtschaft

Leise stirbt die Republik Die Gefahr für die US-Demokratie ist todernst

Wohin schlafwandeln die USA mit  Donald Trump und Techno-König Elon Musk?

Wohin schlafwandeln die USA mit Donald Trump und Techno-König Elon Musk?

(Foto: REUTERS)

Die Allianz zwischen Donald Trump und Elon Musk riecht nach spätrömischer Diktatur. Gemeinsam wollen Amerikas gefährlichster Politiker und der reichste Mann der Welt eine autoritäre Oligarchie errichten. Sie ist längst mehr als nur ein Schreckgespenst.

Haben Sie den Regierungswechsel in den USA neulich mitbekommen? Er stand auf den Titelseiten aller großen Zeitungen - ist aber trotzdem nicht weiter aufgefallen. Elon Musk, der wichtigste Geldgeber und Unterstützer von Donald Trump, tut nicht nur alles, um den polternden Populisten zurück ins Amt zu hieven. Der reichste Mann der Welt telefoniert auch schon seit Jahren heimlich mit Wladimir Putin. Musk ist eine diskrete Ein-Mann-Regierung, hintertreibt die offizielle US-Diplomatie, schaltet seine Starlink-Satelliten über der Krim und Taiwan ab, wenn Moskau und Peking es sich wünschen und verhandelt hinter den Kulissen mit dem Kreml über Krieg und Frieden.

Doch Spaß beiseite. Noch ist Elon Musk kein Alleinherrscher. Aber das drohende Ende der Demokratie kündigt sich an. Die Gefahr ist todernst, dass die USA, wenn am Dienstag alle Stimmen ausgezählt sind, in eine autoritäre Oligarchie abrutschen. In der Milliardäre wie Musk mit den Mitteln des Staates ihre eigenen Interessen bedienen und sich selbst regulieren. Ohne dass irgendjemand oder irgendetwas sie noch kontrolliert.

Denn Musk ist keiner der gewöhnlichen Tycoons, die in der US-Geschichte schon oft ihre Finger im Spiel hatten. Mit der Allianz zwischen dem reichsten Mann des Planeten und Donald Trump, dem mächtigsten Mann der US-Politik, lösen sich die Grenzen zwischen Politik, Wirtschaft und Medien auf, verwischt die Gewaltenteilung, wird die Korruption auf höchster Ebene des Staates normalisiert. Und gewählte Politik ersetzt durch die Launen einer Junta von Superreichen, die die Welt rücksichtslos nach ihrer Agenda formt. Die USA schlafwandeln mit Imperator Donald und Techno-König Elon in die Diktatur.

Der "Technokönig" schickt sich an zu herrschen

Moment!, hört man Trumps Verteidiger hier rufen. Milliardäre, die sich die Regierung kaufen, gibt es auch auf der anderen Seite des politischen Spektrums. Das stimmt. Microsoft-Gründer Bill Gates hat 50 Millionen Dollar an Kamala Harris gespendet. Facebook-Tycoon Mark Zuckerberg sympathisiert mit Harris wie X-Chef Elon Musk mit Trump. Und Industriebarone, die ihre Finger in die Politik ausstrecken, gibt es schon seit Ölgigant John Rockefeller oder Stahltitan Andrew Carnegie.

Aber keiner von ihnen ist wie Elon Musk all das gleichzeitig in einer Person: Milliardär, Medienmogul und womöglich bald offizieller Teil der US-Regierung. Keiner von ihnen hat sich je einen eigenen Online-Kanal gekauft, um seinen Interessen zu dienen, und verbreitet darauf offene Trump-Propaganda an 200 Millionen Follower. Kein anderer geht schon jetzt an die Grenzen der Legalität und besticht Wähler schamlos mit Millionen, damit sie für Trump stimmen. Und niemand sonst schießt bei all dem gleichzeitig noch Spionagesatelliten fürs Pentagon und Raketen für die NASA ins All und hat so Zugang zu den höchsten Staatsgeheimnissen. Selbst Kreml-Kriegstreiber Putin sagt über Musk: "Man kann ihn nicht aufhalten. Man muss Wege suchen, um ihn zu überzeugen."

Weltweit verdient wohl niemand den Namen autoritärer Oligarch mehr als der Techno-König von Tesla. In der selbstherrlichen Jobbeschreibung steckt nicht nur sein quasi-feudaler Herrschaftsanspruch. Noch viel gefährlicher als ihre beispiellose Machtfülle ist das, wofür Elon Musk und seine reaktionären Tech-Bros sie einsetzen wollen, wenn sie mit Donald Trump kommende Woche das Weiße Haus erobern sollten. Sie träumen offen von der rechten Tech-Diktatur.

Ihre düstere Vision ist auch längst nicht mehr nur ein Schreckgespenst. Nicht linke Postillen, sondern konservative US-Medien wie das "Wall Street Journal" haben die heimlichen Weltherrschaftsphantasien von Musk enthüllt. Und dass er längst erzkonservative Politik finanzierte, als er öffentlich noch sagte, er unterstütze keine Seite. Auch sie sehen in seinen Ränkespielen mit Russland längst ein nationales Sicherheitsrisiko. Und eine massive Gefahr für die Demokratie.

Crassus und Cäsar übernehmen die Macht in Washington

Was Musk so gefährlich macht, ist nicht bloß sein Geld und sein Einfluss. Sondern sein Pakt mit Donald Trump. Durch ihn bekommt er freie Bahn für seine Agenda. Denn anders als Kamala Harris will Trump, ein Mann, den sein eigener Stabschef einen "Faschist" nennt und der sich "Hitlers Generäle" zurückwünscht, als "Diktator an Tag eins" regieren. Er droht offen, das Militär gegen die "Feinde im Inneren" einzusetzen. Sowie Steuerbehörden, Staatsanwälte und Aufseher auf seine Kritiker zu hetzen.

Das meine er nicht so, wie er es gesagt habe, beschwichtigen seine republikanischen Steigbügelhalter. Er ist ja bloß ein Clown, der an einem McDonalds-Fenster Pommes serviert oder minutenlang über die Penisgröße von Ex-Golfprofis schwadroniert. Kann man da seinen restlichen Schwachsinn wirklich ernst nehmen?

Doch hinter der lachhaften Karikatur des Selfmade-Businessman, der Fassade des gekränkten Narzissten zeichnet sich Trumps autoritäre Vision mehr als deutlich ab. Abgesehen davon, dass er schon vor vier Jahren gegen die gewählte US-Regierung geputscht hat und nur knapp gescheitert ist: Unter seinen Beratern zirkuliert bereits ein Memo, laut dem nach der Wahl eine Reihe von Lakaien sofort ohne übliche FBI-Sicherheitsprüfung ernannt werden sollen. Sein Sohn führt eine schwarze Liste für die Säuberung des Staates von Zehntausenden vermeintlich illoyalen Beamten. Und Amazon-Chef Jeff Bezos, nach Musk der zweitreichste Mann der Welt, zensiert sich aus Angst vor dem kommenden Imperator bereits jetzt vorauseilend selbst und streicht die geplante Wahlempfehlung seiner Zeitung "Washington Post" für Kamala Harris.

Der Kniefall der Patrizier der US-Wirtschaft hat etwas von spätrömischer Dekadenz. Denn genauso schnell wie sich nun Bezos, Musk & Co. um seine Rockschöße scharen, könnten Trumps Günstlinge in Zukunft in Ungnade beim Imperator fallen. Durch ihre sorglose Gefolgschaft riskieren sie, die Institutionen zu zerstören, die sie erst reich gemacht haben: Freie Märkte. Unabhängige Gerichte. Rechtsstaatlichkeit.

Bei der US-Wahl am Dienstag steht daher nichts weniger auf dem Spiel, als dass sich die älteste Demokratie der Welt nach 250 Jahren in die jüngste Autokratie des Planeten verwandelt. Historisch gesehen passiert so etwas nicht über Nacht. Meistens erodiert die Demokratie schrittweise. Der Niedergang der Römischen Republik begann wie die heutige Krise der US-Demokratie ebenfalls damit, dass Populisten die Massen aufstachelten und der wütende Mob das Kapitol stürmte. Damals wie heute folgte eine unheilvolle Allianz: Cäsar, der mächtigste Mann der Republik, verbündete sich mit General Pompeius und Crassus, dem reichsten Mann der Welt. Es folgte ein blutiger Bürgerkrieg. Und am Ende ließ er sich zum Diktator auf Lebenszeit ausrufen.

Quelle: ntv.de

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