Teuerungsrate bleibt hoch Experten erwarten vier Prozent Inflation
29.06.2021, 16:51 Uhr
Seit Beginn des laufenden Jahres hat die Teuerung in Deutschland angezogen.
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Lebensmittel und Kleidung kosten spürbar mehr. Zusätzlich angeheizt wird die Inflation vor allem vom Anstieg der Energiepreise. Für die kommenden Monate rechnen Ökonomen weiterhin mit einem anziehendem Preisdruck.
Trotz eines leichten Rückgangs bleibt die Inflation in Deutschland vergleichsweise hoch. Waren und Dienstleistungen kosteten im Juni wie von Experten erwartet durchschnittlich 2,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt in seiner ersten Schätzung mitteilte. Im Mai war die Teuerungsrate mit 2,5 Prozent auf den höchsten Stand seit fast zehn Jahren geklettert.
Ökonomen rechnen weiterhin mit einem anziehenden Preisdruck. Denn Kleidung, Übernachtungen und Restaurantbesuche hätten sich merklich verteuert, sagte Commerzbank-Experte Marco Wagner. "In den kommenden Monaten wird die Inflationsrate noch einmal spürbar zulegen und gegen Ende des Jahres fast vier Prozent betragen."
Größter Treiber bei den Verbraucherpreisen war im Juni erneut Energie, die 9,4 Prozent mehr kostete als vor einem Jahr. In Baden-Württemberg etwa kostete Tanken fast 27 Prozent mehr als im Juni 2020 und in Nordrhein-Westfalen knapp 24 Prozent mehr. Nahrungsmittel verteuerten sich bundesweit um 1,2 Prozent, und Dienstleistungen kosteten 1,6 Prozent mehr.
Effekt der Mehrwertsteuererhöhung schlägt durch
Experten hatten mit dem leichten Rückgang im Juni gerechnet. "Aber es ist nur eine kleine Atempause im Aufstieg zum Inflationsgipfel", sagte LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch. "Ab dem kommenden Monat schlägt bei der Berechnung der Inflation der Effekt der Mehrwertsteuererhöhung voll durch." Ähnlich sah es DZ-Bank-Chefökonom Michael Holstein: "Bereits im Juli könnte die Drei-Prozent-Marke geknackt werden." Denn die Preise wurden in der zweiten Jahreshälfte 2020 von der vorübergehend gesenkten Mehrwertsteuer gedrückt - und nun kehrt sich diese Wirkung um.
Die Finanzmärkte beobachten die in vielen Regionen gestiegene Inflation sehr genau. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht einen Preisanstieg von knapp unter zwei Prozent als mittelfristig ideal für die Wirtschaft im Euro-Raum. Inflation bleibe mindestens bis Ende 2021 ein Thema, betonte Niklasch. "Die Frage ist, ob auch darüber hinaus." Bislang gibt es dafür kaum Anzeichen. "Aber das Risiko wächst derzeit, weil auf den vorgelagerten Stufen die Kosten deutlich zugenommen haben."
Zudem könnte es den Firmen im nächsten Jahr leichter fallen, höhere Preise an Kunden weiterzureichen. Die deutschen Importe haben sich im Mai so stark verteuert wie seit fast 40 Jahren nicht mehr. Die Einfuhrpreise stiegen um 11,8 Prozent binnen Jahresfrist - das größte Plus seit der zweiten Ölpreiskrise im Oktober 1981.
Quelle: ntv.de, sbl/rts/dpa