Wirtschaft

Wichtig für WeihnachtsgeschäftFirmen buhlen um Sichtbarkeit bei ChatGPT und Co.

26.11.2025, 13:59 Uhr
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Was unter dem Weihnachtsbaum liegt, hat den Schenkenden immer öfter zuvor eine Künstliche Intelligenz vorgeschlagen. (Foto: IMAGO/MiS)

ChatGPT und andere KI-Tools sind längst auch zu Einkaufsberatern geworden. Auf Anfrage schlagen sie Produkte vor. Unternehmen legen sich dementsprechend ins Zeug, damit sie bei den Chatbots sichtbar sind. Unter anderem werden dafür Websites gebaut, die niemand sehen soll.

Der Einzelhandel richtet seine millionenschweren Werbebudgets auf eine neue Zielgruppe aus: Künstliche Intelligenz. Insbesondere für das umsatzstarke Weihnachtsgeschäft werben große Handelsketten und Online-Plattformen nicht mehr nur um menschliche Kunden. Stattdessen wollen sie von KI-Agenten wie ChatGPT von OpenAI oder Gemini von Google wahrgenommen werden.

Ein Großteil des etwa für die USA prognostizierten Online-Umsatzes von 253 Milliarden Dollar im Weihnachtsgeschäft wird zwar weiterhin über klassische Webseitenbesuche und Suchanfragen erzielt. Davon profitieren vor allem Firmen, die hohe Summen für Anzeigen in Suchmaschinen ausgeben. Doch immer mehr US-Verbraucher nutzen Chatbots für Kaufempfehlungen, was die Spielregeln verändert. Und auch in Deutschland versuchen Verbraucher schon, den klassischen Wunschzettel mithilfe der Künstlichen Intelligenz abzuarbeiten.

Traditionell basieren Werbeplatzierungen etwa bei Google und Meta auf Suchbegriffen von Nutzern oder Links, auf die sie zuvor geklickt hatten. Da in den wichtigsten KI-Anwendungen jedoch keine klassische Werbung geschaltet werden kann, müssen Unternehmen neue Wege gehen.

Eine der Methoden ist die Erstellung von für Kunden unsichtbaren Webseiten. Diese sind ausschließlich für sogenannte Scraper gedacht, automatisierte Programme, die das Internet nach Informationen durchsuchen. Die so gesammelten Daten fließen dann in Plattformen wie ChatGPT und Gemini ein, die auf dieser Basis Vorschläge für Geschenke, Kleidung und andere Waren machen. Andere Firmen setzen auf eine massive Steigerung ihrer Inhalte oder bezahlen Influencer in sozialen Medien, damit diese über ihre Produkte sprechen. Die KI-Scraper analysieren dabei den Text von Produktbewertungen und die Tonspuren der Videos.

"Mehr als ein kurzfristiger Hype"

Auch in Deutschland zeichnet sich ein Wandel im Verbraucherverhalten ab, wie eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom zeigt. "Viele Menschen werden künftig mit Hilfe von KI-Assistenten einkaufen", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. "Die Entwicklung hin zu autonomen Einkaufsagenten ist mehr als ein kurzfristiger Hype", betont auch Lars Hofacker, im Handelsforschungsinstitut EHI zuständig für den Bereich E-Commerce. Doch werde die Geschwindigkeit der Ausbreitung regional unterschiedlich sein. Nach Deutschland werde der Trend voraussichtlich langsamer überschwappen - Grund seien etwa regulatorische Anforderungen.

Und auch die Handelsketten müssen reagieren. "Für Händlerinnen und Händler besteht die Herausforderung darin, für KI-Assistenten und KI-Agenten sichtbar zu sein, ähnlich wie im Zuge erfolgreicher Suchmaschinenoptimierung vor gut zehn Jahren", sagte Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes HDE.

Vor allem die jüngere Generation ist nach der Bitkom-Umfrage offen für den Einsatz von KI beim Einkaufen. Während insgesamt 21 Prozent der Internetnutzer bereit wären, eine KI für sich einkaufen zu lassen, sind es bei den 16- bis 29-Jährigen bereits 43 Prozent. "Aus Konsumentensicht bietet sich ein klarer Vorteil: Shopping wird noch bequemer", sagte EHI-Experte Hofacker. Recherchezeiten von ein bis zwei Stunden für neue Themen könnten etwa auf wenige Minuten oder Sekunden schrumpfen.

Gleichzeitig sind mit der Entwicklung auch Sorgen verbunden. So herrscht laut Bitkom über alle Altersgruppen hinweg Einigkeit, dass durch KI künftig noch mehr gefälschte Produktbewertungen entstehen werden. Dieser Aussage stimmten zwei Drittel (66 Prozent) der Befragten zu. "Für Händler und Plattformen liegt die größte Herausforderung nicht in der Technik, sondern in Recht, Vertrauen und Kontrolle", sagte Hofacker.

Quelle: Arriana McLymore und Matthias Inverardi, rts

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