Nicht vor Gericht erschienen Justiz sucht Ex-Steinhoff-Manager per Haftbefehl
22.06.2023, 00:56 Uhr Artikel anhören
Das Gericht muss für den Steinhoff-Prozess Schränke von Akten durcharbeiten.
(Foto: picture alliance/dpa)
Gefälschte Bilanzen, ein Schaden in Milliardenhöhe und geprellte Anleger - der Prozess um den Einzelhandelskonzern Steinhoff kann noch nicht beginnen. Der hauptangeklagte Manager erscheint einfach nicht. Nun wird er per Haftbefehl gesucht.
Gegen den Hauptbeschuldigten in einem Wirtschaftsstrafprozess um Bilanzmanipulationen in Milliardenhöhe bei dem international tätigen Einzelhandelskonzern Steinhoff ist Haftbefehl erlassen worden. Das bestätigte ein Sprecher des Landgerichts im niedersächsischen Oldenburg. Der Hauptbeschuldigte Markus J. war Mitte April nicht zur Auftaktverhandlung erschienen. Die anklageführende Staatsanwaltschaft aus Oldenburg hatte daraufhin einen Haftbefehl gegen den 62-Jährigen beantragt. Dieser wurde laut der Finanznachrichtenagentur Bloomberg bereits vor zwei Wochen erlassen.
In dem komplexen Prozess geht es laut Anklage um schwer durchschaubare Scheingeschäfte sowie überhöhte Bewertungen von Anlagevermögen in einem Geflecht von Gesellschaften der Steinhoff-Holding. Durch die Prozesse sollen zwischen 2010 und 2014 Verluste bei Tochterfirmen verschleiert und angebliche Gewinne für den Gesamtkonzern ausgewiesen worden sein. Dem früheren Chef wird deshalb Anstiftung zur unrichtigen Darstellung in Bilanzen vorgeworfen.
Laut Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte zwei parallel in gesonderten Strafverfahren angeklagten Geschäftsführern deutscher Tochterunternehmen Ergebnisvorgaben gemacht haben, die diese abschließend durch Verbuchung von Scheingeschäften auf dem Papier erreichten. Insgesamt geht es dabei um fünf konkrete Tatvorwürfe und Bilanzsummen von mehr als zwei Milliarden Euro.
Die Unregelmäßigkeiten wurden 2017 entdeckt und stürzten den global tätigen Konzern in eine Krise. Der Aktienwert stürzte um 98 Prozent ab. Zehntausende Aktionäre und Geschäftspartner forderten mehr als acht Milliarden Dollar Entschädigung. Markus J. trat damals zurück und erklärte, von Bilanzbetrug nichts gewusst zu haben. Im Januar 2022 ging die südafrikanische Justiz auf einen Vorschlag der Steinhoff-Holding ein, umgerechnet 1,4 Milliarden Euro zu zahlen, um die zahlreichen Streitfälle beizulegen.
Die Steinhoff-Holding ist an Möbelhaus- und Einzelhandelsketten in den USA, Europa, Afrika, Südamerika, Australien und Neuseeland beteiligt. Früher gehörten zu ihr unter anderem auch Möbelhausketten in Deutschland. Diese Beteiligungen wurden im Zuge der Neuaufstellung später jedoch verkauft.
Quelle: ntv.de, jog/AFP