In weltweit führendem Konzern Nvidia-Chef pflegt radikalen Führungsstil
02.05.2024, 14:44 Uhr Artikel anhören
Jensen Huang hält nichts von Vieraugengesprächen.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Jensen Huang lässt statt einiger Handvoll gleich Dutzende Manager direkt an sich berichten. Neben flachen Hierarchien beansprucht der CEO des weltgrößten Chipentwicklers maximale Transparenz für sich. Auch Kritik an Mitarbeitern gehört für ihn nicht hinter verschlossene Türen.
Der wertvollste Chipkonzern Nvidia ist inzwischen mehr als zwei Billionen Dollar wert und damit das drittwertvollste Unternehmen der Welt. Dabei managt CEO Jensen Huang den US-Chipriesen alles andere als üblich. "Ich habe 60 mir direkt unterstellte Mitarbeiter", sagte der Mitbegründer laut "Handelsblatt" bei einer Konferenz des Finanzdienstleisters Stripe in San Francisco. "Das entspricht zwar nicht gängigen Konventionen, aber das ist definitiv der beste Weg."
Die Management-Lehre sieht deutlich weniger direkt unterstellte Mitarbeiter vor, um diese gut zu führen, auch wenn die Vorstellungen über eine sinnvolle Zahl auseinandergehen. Huangs Rechnung: "Mit einer Führungsmannschaft von 60 Personen, die direkt an mich berichten, können wir bis zu sieben Hierarchieebenen überflüssig machen." Knapp 30.000 Mitarbeiter hat Nvidia mit Sitz im Silicon Valley inzwischen.
Neben flachen Hierarchien setzt Huang nach eigenen Angaben auf maximale Transparenz. "Bei mir gibt es keine Vieraugengespräche", sagte der Nvidia-Chef dem Bericht zufolge. "Die sind Quatsch." Wenn er etwas zu sagen habe, kommuniziere er immer offen - sowie wöchentlich in einer gemeinsamen Sitzung mit den 60 ihm unterstellten Topmanagern.
Alle sollen aus Desastern der Kollegen lernen
"Wenn ich etwas zu sagen habe, sollen das alle hören", zitiert das "Handelsblatt" Huang. "Es soll keinen privilegierten Zugang zu Informationen geben." Niemand dürfe eine besondere Stellung haben, nur weil er oder sie näher an den Informationen der Top-Führung sitzt. "Information ist Macht, und wenn jeder sie hat, sind wir alle mächtiger."
Auch Kritik gehört für den CEO nicht hinter verschlossene Türen: Kritisches Feedback bringe mehr, wenn es öffentlich geteilt wird. "Wenn jemand Mist gebaut hat, sollten alle die Chance haben, von diesem Fehler zu lernen." Es lähme den Lernfortschritt, sich nur mit eigenen Fehlern zu beschäftigen. "Wir lernen davon, dass wir uns mit den Desastern und Tragödien von anderen beschäftigen."
KI-Hype lässt Nachfrage explodieren
Nvidias Erfolg dürfte allerdings nicht in erster Linie auf Huangs Führungsstil basieren. Der aktuelle Hype um Künstliche Intelligenz (KI) beschert dem Unternehmen einen Nachfrageboom. Weil Programme wie ChatGPT viel Rechenpower benötigen, reißen Kunden dem US-Halbleiterkonzern seine Produkte aus den Händen. So basiert beispielsweise der Hochleistungsrechner für ChatGPT auf mehreren Tausend Nvidia-Prozessoren. Das überproportional wachsende Geschäft mit Prozessoren für Rechenzentren steuert inzwischen mehr als die Hälfte zum Gesamtumsatz bei.
Der Boom von Cloud-Anwendungen während der Corona-Pandemie spielte Nvidia ebenfalls in die Hände. Außerdem nutzen sogenannte Schürfer von Kryptowährungen die Chips, um Transaktionen mit Bitcoin & Co zu verschlüsseln und zu verifizieren. Die gefragte Hardware ist aber nicht der einzige Grund für Nvidias Marktdominanz. Das Unternehmen hat zudem ein Software-Ökosystem aufgebaut, das es Entwicklern erleichtern soll, Anwendungen für Nvidia-Prozessoren zu schreiben.
Experten zufolge beherrscht Nvidia 80 Prozent des Weltmarkts für Grafikkarten-Chips. Konkurrenten sind AMD und Marvell. Allerdings arbeiten Tech-Riesen wie Amazon, Google und Meta inzwischen an eigenen speziellen KI-Prozessoren. Aktuell ist Nvidia die Nummer drei der größten US-Technologiekonzerne, nach Microsoft und Apple. AMD und Intel kommen gemeinsam nicht einmal auf ein Fünftel des Nvidia-Börsenwertes.
Quelle: ntv.de, chl/rts