"Enorme Unsicherheiten" OECD erwartet kräftiges deutsches Wachstum
01.12.2021, 13:46 Uhr
Immer mehr Prognosen sehen die deutsche Wirtschaft vor einem kräftigen Wachstum im kommenden Jahr.
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Die deutsche Wirtschaft könnte sich im kommenden Jahr spürbar erholen. Allerdings verweist die OECD auf eine Reihe von Risiken. Dazu zählen die Lieferketten, der unklare Pandemie-Verlauf sowie die Inflation.
Trotz Lieferengpässen und der vierten Corona-Welle traut die Industriestaaten-Organisation OECD der deutschen Wirtschaft eine kräftige Erholung zu. im kommenden Jahr werde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) voraussichtlich um 3,9 Prozent zulegen, wie die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) mitteilte. Die Bundesregierung rechnet hier mit einem etwas kräftigeren Plus von 4,1 Prozent, die Wirtschaftsweisen sogar mit 4,6 Prozent.
"Wir sind vorsichtig optimistisch", sagte OECD-Ökonomin Isabell Koske. "Es gibt aber enorme Unsicherheiten und Risiken - von der Corona-Krise über Lieferengpässe bis hin zur Inflation." Für 2023 sagt die OECD ein Plus von 2,2 Prozent voraus. Für das zu Ende gehende Jahr wird mit einem Wachstum von 2,8 Prozent gerechnet.
"Die Erholung wird durch Engpässe bei wichtigen Vorleistungen im Verarbeitenden Gewerbe beeinträchtigt", erklärte die OECD. Angesichts des rekordhohen Auftragsbestands könnte es jedoch zu einer kräftigen Belebung kommen, wenn die Knappheit wieder abnimmt. Auch der private Konsum dürfte im nächsten Jahr merklich zulegen. Die niedrigen Zinssätze und der zunehmende Kapazitätsdruck fördern demnach eine kräftige Investitionstätigkeit der Unternehmen.
Der Preisanstieg dürfte 2022 nachgeben, aber auf einem erhöhten Niveau bleiben. "Die Inflationsentwicklung bleibt ein Risiko", sagte Koske dazu. "Die Gasreserven in Europa sind auf einem sehr niedrigen Niveau. Je nach Winterverlauf kann es hier zu weiteren Preissteigerungen kommen." Auch könnten die Lieferengpässe länger andauern als erwartet. "Das könnte ebenfalls auf die Preise durchschlagen", sagte die Expertin. Aktuell liegt die Inflationsrate in Deutschland mit 5,2 Prozent auf dem höchsten Stand seit fast 30 Jahren.
Prognosen für USA und China gesenkt
Die OECD rechnet auch weltweit mit einer Konjunkturerholung. In diesem Jahr soll die globale Wirtschaftsleistung um 5,6 Prozent zulegen, 2022 dann um 4,5 Prozent und 2023 um 3,2 Prozent. Allerdings wurden die Prognosen für China, die USA und den Euroraum gesenkt.
So rechnet die Organisation mit einem Anstieg des US-BIP von nur noch 5,6 (2021), 2,7 (2022) und 2,4 Prozent (2023), ohne dies genauer zu begründen. In dem Bericht heißt es lediglich, dass die in der akuten Krise ergriffenen Unterstützungsmaßnahmen der Regierung nun ausliefen, was das Wachstum dämpfe. Der Sparüberhang bei Konsumenten und Unternehmen dürfte das Wachstum jedoch noch einige Quartale stützen.
Auch die Senkung der chinesischen Wachstumsprognose fällt relativ deutlich aus: Die OECD erwartet BIP-Anstiege von 8,1 sowie 5,1 und 5,1 Prozent. "Die Zahlungsunfähigkeit eines großen Immobilienunternehmens erschüttert die Finanzmärkte und das Vertrauen in den Sektor, wodurch die Immobilieninvestitionen, ein wichtiger Wachstumsmotor, geschwächt werden", befindet die OECD. Auch die Aussichten für Investitionen im verarbeitenden Gewerbe hätten sich aufgrund vorübergehender Stromausfälle in vielen Provinzen verschlechtert.
Verglichen damit blieben die Prognosesenkungen für den Euroraum moderat und beruhten maßgeblich auf Deutschland. Erwartet werden nun BIP-Anstiege von 5,2 sowie 4,3 und 2,5 Prozent. Die OECD weist darauf hin, dass sich das Wachstum der raschen Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit aufgrund von Engpässen in der Lieferkette, insbesondere im Bau- und Transportsektor, verlangsamt habe.
Frankreich traut die OECD 6,8 sowie 4,2 und 4,1 Prozent Wachstum zu. Das Land profitiere von der beschleunigten Impfkampagne und niedrigeren Infektionszahlen, die die Erwerbsbeteiligung über ihr Vor-Corona-Niveau gehoben hätten. Italiens Wachstumsaussichten werden demnach von der Fiskalpolitik, darunter den aus dem Programm "Next Generation EU" stammenden Mitteln gestützt. In der Folge wird das BIP der Prognose zufolge um 6,3, dann um 4,6 und 2023 schließlich um 2,6 Prozent zulegen.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ